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Mittwoch, 30. Juni 2021
I need a bad bitch coming over when the night ends
honigbienchen, 17:00h
Die letzten Tage ist so viel passiert, dass ich gar nicht genau einordnen kann, wie ich mich fühle.
Ich habe einen zweiten Job. Meine Flucht hat ziemlich viel Geld gefressen und abgesehen davon, brauchte ich etwas Neues. Der neue Job unterscheidet sich sehr von meinem anderen. Ich habe Vertrauen in mich, dass ich es gut hinbekommen werde. Aber ich bin noch nicht ganz aufgetaut und muss mich auch noch überwinden. Es wird körperlich anstrengend, aber es wird sich lohnen. Außerdem kann ich hierbei üben meine zeitweise Schüchternheit zu überwinden und Augenkontakt zu halten.
Der erste Arbeitstag war ganz gut. Als der Bus die Entfernung zum Meeresspiegel vergrößerte, fühlte ich mich wieder so, wie ich mich schon so oft in meinem Leben gefühlt habe: So, als würde ich nirgendwo ganz dazu passen. Gefangen zwischen zwei Welten, die sehr gegensätzlich sind. In sich widersprüchlich. Oxymoron. Die zweite und dritte Welle hatten mich verändert. Anstatt Smalltalk zu halten, blieb ich still. Letztens lag ich auf meiner Couch und fragte mich, ob ich überhaupt gesund war. Ich ziehe mich so sehr zurück. Ich suche so sehr die Einsamkeit. Ich liebe es alleine zu sein, aber ist das noch gesund? Ich weiß es nicht. Alleine, dass ich diese Frage nicht beantworten kann, zeigt doch, dass es das nicht ist. Ich weigere mich zu schreiben, dass ich nicht gesund wäre. Aber bin ich es?
Ich habe die Pandemie psychisch einigermaßen gut weggesteckt und ausgerechnet jetzt, wo die Inzidenz einstellig ist, die Zahlen sinken und mein zweiter Impftermin immer näher rückt, spüre ich auf einmal die Auswirkungen? Wie ambivalent.
Fakt ist: Ich liebe die Einsamkeit, ich suche sie ständig. Aber ich glaube nicht, dass sie in dem Ausmaß gesund für mich ist. Jedes Treffen mit einer anderen Person kostet mich einen ordentlichen Tritt in den Hintern. Von mir selbst. Ich bereue es nie, mich mit jemandem getroffen zu haben (wobei ich es eh an einer Hand abzählen kann). Aber ich muss mich immer überwinden.
Vor zwei Wochen traf ich mich zum ersten Mal wieder mit Lene. Wir hatten uns seit Oktober nicht mehr gesehen. So lange habe ich sie noch nie nicht gesehen. Wir machten beide einen Schnelltest und trafen uns am Turm, so wie früher. Ich freute mich so sehr, sie wiederzusehen. Ich hatte anfangs Probleme mit meinen Gesprächsthemen und Satzbaukonstellationen, aber ich fand schnell rein. Ich vermisste die Gespräche mit ihr. Ich vermisste das Gefühl, eine gute Freundin zu sein.
Am Tag darauf traf ich mich mit Ina und Vroni, ebenfalls wieder mit Schnelltest davor und danach. Wir schmiedeten Pläne für den Sommer und ich freute mich so sehr. Ich hatte die beiden ebenfalls seit Oktober nicht gesehen. Ina kenne ich mittlerweile seit 20 Jahren. So lange haben wir uns noch nie nicht gesehen.
Vielleicht verhindern meine Freunde, dass ich mich zu sehr in meinen Gedanken verliere, in meiner Einsamkeit.
Gestern sprang mir ein Zitat auf Facebook ins Auge:
"Die Einsamkeit ist die liebste Gespieling des Wahnsinns." - Walter Moers ~ Rumo
Als ich es las, dachte ich zuerst an ihn. Wie mächtige Männer schrieben, dass er wohl der einsamste Mann gewesen war, den sie jemals trafen.
Erst im nächsten Moment dachte ich an mich. Ich weiß, wie sich Wahnsinn anfühlt. Ich fühle mich nicht wahnsinnig. Aber ich weiß auch, wie sich hundertprozentiger Seelenfrieden anfühlt. Und so fühle ich mich auch nicht. Ich befinde mich irgendwo zwischen Wahnsinn und Seelenfrieden.
Wie gesund bin ich?
Der Schock kam letzten Montag Vormittag mit einem Anruf. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Schock der richtige Ausdruck ist. Ich übernahm instinktiv sofort die Beschützerrolle. Ich weiß noch, wie Lene in der neunten Klasse zu mir sagte, sie hätte auf einer Beerdigung nicht geweint, weil sie für ihre Mama stark sein wollte. Das fühlte ich so sehr. Stark sein für andere. Kein Riss in der Fassade. Wobei Fassade vermutlich auch nicht das passende Wort ist. In einer Situation, in der ich eher schockiert oder hysterisch werden sollte, reagierte ich kontrolliert, strukturiert und ruhig. Wieder das beschissene Krankenhaus, in dem ich geboren wurde. Als ich meinen Willen nicht bekam, schmiedete ich Pläne, wie ich ihn bekommen könnte. Sollten sie doch versuchen mich aufzuhalten. Diese Art der Liebe kennt keine Grenzen. Eine Ausführung meines Plans war jedoch nicht nötig. Die Situation war glücklicherweise besser, als ich es gedacht hätte. Zumindest körperlich.
Es nimmt auch mich psychisch mit. Ich hasse es, aber gleichzeitig erteilt es mir eine Lektion. Wir fühlen uns alle immer unverwundbar, sobald wir ein bisschen Blech um uns herum haben, aber das sind wir nicht. Ist es Selbstmord, wenn ich 140 km/h auf der Autobahn fahre, auch wenn es nur 10 km/h über der Richtgeschwindigkeit sind? Wie kann ich davon ausgehen, dass ich das überleben würde? Egal, ob ich mit der Leitplanke oder einem anderen Fahrzeug kollidiere. Das ist eine abartige Geschwindigkeit. Wie kann so etwas erlaubt sein?
Ich lege viel wert auf sichere Autos. Wenn möglich groß, breit und schwer. Dabei rückt in den Hintergrund, dass eine Vielzahl der anderen Verkehrsteilnehmer schwächer sind. Und dass es nicht nur um meine Sicherheit geht. Denn im Falle einer Kollision müsste ich etwas tun, womit ich seit Jahren Probleme habe: Mir selbst zu verzeihen.
Ich bin eine vorsichtige Fahrerin, lebe für Geschwindigkeitsbegrenzungen. Aber eine regelmäßige Fahrt durch eine Stadt, in der prozige, schnelle Autos die Norm sind, stumpft vielleicht ab.
Dabei sollte nie vergessen werden, dass Autofahren eine Ausnahme von gemeingefährlichem Verhalten ist, dass der Gesetzgeber erlaubt. Es ist ein Privileg und dementsprechend sollte man sich auch verhalten. Bewusst und rücksichtsvoll.
Letzte Woche gab es einen so starken Hagelsturm, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Der Himmel veränderte rasend schnell seine dunkelblaue Farbe. Weißgelbe Wolken türmten sich. Große Hagelkörner schossen wie Pfeile auf die Erde und hinterließen einige Schäden in der Nachbarschaft. Die Straßen waren danach weiß und grün, ein Baum war umgeknickt und die Feuerwehrsirene hörte gar nicht mehr auf. Ich erlitt glücklicherweise keine Schäden, aber skurril war es schon. Der Hagel kam sogar von der Südseite. Ich kann nur hoffen, dass ich die nächsten Tage verschont bleibe.
Ich habe einen zweiten Job. Meine Flucht hat ziemlich viel Geld gefressen und abgesehen davon, brauchte ich etwas Neues. Der neue Job unterscheidet sich sehr von meinem anderen. Ich habe Vertrauen in mich, dass ich es gut hinbekommen werde. Aber ich bin noch nicht ganz aufgetaut und muss mich auch noch überwinden. Es wird körperlich anstrengend, aber es wird sich lohnen. Außerdem kann ich hierbei üben meine zeitweise Schüchternheit zu überwinden und Augenkontakt zu halten.
Der erste Arbeitstag war ganz gut. Als der Bus die Entfernung zum Meeresspiegel vergrößerte, fühlte ich mich wieder so, wie ich mich schon so oft in meinem Leben gefühlt habe: So, als würde ich nirgendwo ganz dazu passen. Gefangen zwischen zwei Welten, die sehr gegensätzlich sind. In sich widersprüchlich. Oxymoron. Die zweite und dritte Welle hatten mich verändert. Anstatt Smalltalk zu halten, blieb ich still. Letztens lag ich auf meiner Couch und fragte mich, ob ich überhaupt gesund war. Ich ziehe mich so sehr zurück. Ich suche so sehr die Einsamkeit. Ich liebe es alleine zu sein, aber ist das noch gesund? Ich weiß es nicht. Alleine, dass ich diese Frage nicht beantworten kann, zeigt doch, dass es das nicht ist. Ich weigere mich zu schreiben, dass ich nicht gesund wäre. Aber bin ich es?
Ich habe die Pandemie psychisch einigermaßen gut weggesteckt und ausgerechnet jetzt, wo die Inzidenz einstellig ist, die Zahlen sinken und mein zweiter Impftermin immer näher rückt, spüre ich auf einmal die Auswirkungen? Wie ambivalent.
Fakt ist: Ich liebe die Einsamkeit, ich suche sie ständig. Aber ich glaube nicht, dass sie in dem Ausmaß gesund für mich ist. Jedes Treffen mit einer anderen Person kostet mich einen ordentlichen Tritt in den Hintern. Von mir selbst. Ich bereue es nie, mich mit jemandem getroffen zu haben (wobei ich es eh an einer Hand abzählen kann). Aber ich muss mich immer überwinden.
Vor zwei Wochen traf ich mich zum ersten Mal wieder mit Lene. Wir hatten uns seit Oktober nicht mehr gesehen. So lange habe ich sie noch nie nicht gesehen. Wir machten beide einen Schnelltest und trafen uns am Turm, so wie früher. Ich freute mich so sehr, sie wiederzusehen. Ich hatte anfangs Probleme mit meinen Gesprächsthemen und Satzbaukonstellationen, aber ich fand schnell rein. Ich vermisste die Gespräche mit ihr. Ich vermisste das Gefühl, eine gute Freundin zu sein.
Am Tag darauf traf ich mich mit Ina und Vroni, ebenfalls wieder mit Schnelltest davor und danach. Wir schmiedeten Pläne für den Sommer und ich freute mich so sehr. Ich hatte die beiden ebenfalls seit Oktober nicht gesehen. Ina kenne ich mittlerweile seit 20 Jahren. So lange haben wir uns noch nie nicht gesehen.
Vielleicht verhindern meine Freunde, dass ich mich zu sehr in meinen Gedanken verliere, in meiner Einsamkeit.
Gestern sprang mir ein Zitat auf Facebook ins Auge:
"Die Einsamkeit ist die liebste Gespieling des Wahnsinns." - Walter Moers ~ Rumo
Als ich es las, dachte ich zuerst an ihn. Wie mächtige Männer schrieben, dass er wohl der einsamste Mann gewesen war, den sie jemals trafen.
Erst im nächsten Moment dachte ich an mich. Ich weiß, wie sich Wahnsinn anfühlt. Ich fühle mich nicht wahnsinnig. Aber ich weiß auch, wie sich hundertprozentiger Seelenfrieden anfühlt. Und so fühle ich mich auch nicht. Ich befinde mich irgendwo zwischen Wahnsinn und Seelenfrieden.
Wie gesund bin ich?
Der Schock kam letzten Montag Vormittag mit einem Anruf. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Schock der richtige Ausdruck ist. Ich übernahm instinktiv sofort die Beschützerrolle. Ich weiß noch, wie Lene in der neunten Klasse zu mir sagte, sie hätte auf einer Beerdigung nicht geweint, weil sie für ihre Mama stark sein wollte. Das fühlte ich so sehr. Stark sein für andere. Kein Riss in der Fassade. Wobei Fassade vermutlich auch nicht das passende Wort ist. In einer Situation, in der ich eher schockiert oder hysterisch werden sollte, reagierte ich kontrolliert, strukturiert und ruhig. Wieder das beschissene Krankenhaus, in dem ich geboren wurde. Als ich meinen Willen nicht bekam, schmiedete ich Pläne, wie ich ihn bekommen könnte. Sollten sie doch versuchen mich aufzuhalten. Diese Art der Liebe kennt keine Grenzen. Eine Ausführung meines Plans war jedoch nicht nötig. Die Situation war glücklicherweise besser, als ich es gedacht hätte. Zumindest körperlich.
Es nimmt auch mich psychisch mit. Ich hasse es, aber gleichzeitig erteilt es mir eine Lektion. Wir fühlen uns alle immer unverwundbar, sobald wir ein bisschen Blech um uns herum haben, aber das sind wir nicht. Ist es Selbstmord, wenn ich 140 km/h auf der Autobahn fahre, auch wenn es nur 10 km/h über der Richtgeschwindigkeit sind? Wie kann ich davon ausgehen, dass ich das überleben würde? Egal, ob ich mit der Leitplanke oder einem anderen Fahrzeug kollidiere. Das ist eine abartige Geschwindigkeit. Wie kann so etwas erlaubt sein?
Ich lege viel wert auf sichere Autos. Wenn möglich groß, breit und schwer. Dabei rückt in den Hintergrund, dass eine Vielzahl der anderen Verkehrsteilnehmer schwächer sind. Und dass es nicht nur um meine Sicherheit geht. Denn im Falle einer Kollision müsste ich etwas tun, womit ich seit Jahren Probleme habe: Mir selbst zu verzeihen.
Ich bin eine vorsichtige Fahrerin, lebe für Geschwindigkeitsbegrenzungen. Aber eine regelmäßige Fahrt durch eine Stadt, in der prozige, schnelle Autos die Norm sind, stumpft vielleicht ab.
Dabei sollte nie vergessen werden, dass Autofahren eine Ausnahme von gemeingefährlichem Verhalten ist, dass der Gesetzgeber erlaubt. Es ist ein Privileg und dementsprechend sollte man sich auch verhalten. Bewusst und rücksichtsvoll.
Letzte Woche gab es einen so starken Hagelsturm, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Der Himmel veränderte rasend schnell seine dunkelblaue Farbe. Weißgelbe Wolken türmten sich. Große Hagelkörner schossen wie Pfeile auf die Erde und hinterließen einige Schäden in der Nachbarschaft. Die Straßen waren danach weiß und grün, ein Baum war umgeknickt und die Feuerwehrsirene hörte gar nicht mehr auf. Ich erlitt glücklicherweise keine Schäden, aber skurril war es schon. Der Hagel kam sogar von der Südseite. Ich kann nur hoffen, dass ich die nächsten Tage verschont bleibe.
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