Mittwoch, 26. Februar 2020
Let's be friends then never speak again
7. Februar 2020, Gedanken, getippt in die Notizapp meines Handys

Wie kommt man über eine Fantasie hinweg?
Eine Frage, die mich insbesondere heute beschäftigt hat.
Ich dachte nicht, dass Pietro eine wäre, aber bezüglich mancher Punkte erfüllt er die Voraussetzungen einer Fantasie sehr gut. Nicht, weil er so perfekt ist. Sondern weil er Teile von mir berührt, die seit Jahren in mir verankert sind.
Man hätte mich mit 9, mit 16 oder mit 19 Jahren nach meinem Traumtyp fragen können und ich hätte bis auf vereinzelte Abweichungen dasselbe gesagt: Groß, schlank, dunkle Locken, braun gebrannt, Drei-Tage-Bart, süß, Augen, die das Licht einfangen, italienisch, sturm und drängerisch, bestechendes Lächeln, männlich, kein Einzelkind.
Das meiste hier sind natürlich oberflächliche Kriterien, zu den Dingen, die mir ausnahmslos wichtig sind, komm ich später.
Pietro erfüllt so einige dieser Kriterien. Er ist groß, schlank, seine Haare würden sich locken, wenn er sie länger wachsen würde. Er hat diese italienischen braunen Augen, die das Licht einfangen, ebenso den Drei-Tage-Bart. Sein Lächeln ist - wenn er es mal sehen lässt - extrem bestechend. Er ist auch im Vergleich zu den Typen, mit denen ich sonst zu tun habe, relativ männlich. Außerdem hat er einen Bruder.
Er ist zwar nicht süß oder sturm und drängerisch. Er ist eher ernst und rational.
Trotz so vielen roten Fahnen, die ich sehe und die ihn zum No-Go machen, scheint der Faktor "italienisch" so einiges zu übertünchen.
Warum?
Mit Italien verbinde ich ausschließlich positive Erinnerungen. Ich hab fast jeden Sommer meiner Kindheit auf meiner italienischen Lieblingsinsel verbracht und schon damals bekam dieser Ort, mit allem drum herum, einen besonderen Platz in meinem Herzen. Ich schrieb schon mit acht oder neun Jahren mein erstes Lied über diese Insel inklusive der süßen Italiener. In dieser Hinsicht war ich wohl etwas frühreif.
Fast jeder Aufenthalt in Italien endete damit, dass ich mich in einen Italiener verguckte. Ich war schon immer eine Träumerin. Natürlich glühte ich nur aus der Ferne und fanatisierte darüber, dass sie mich retten würden.
Italiener waren in meiner Vorstellung alles, was ich nicht war: selbstbewusst, selbstliebend, offen, stets lächelnd, temperamentvoll und gefühlsbetont.
Vermutlich wollte ich nur jemanden, der mich aus meiner Komfortzone lockte und wenn das ein süßer italienischer Marco mit dunklen Locken und einem strahlenden Lächeln getan hätte, wäre ich ihm restlos verfallen.
Glücklicherweise ist es nie dazu gekommen, wer weiß, wohin mich das geführt hätte.
Mittlerweile hab ich ein ganz gutes Selbstwertgefühl entwickelt, weshalb ich definitiv sagen kann, dass ich nicht in Pietro verliebt bin und dass er auch nicht in Frage kommt. Zu viele rote Fahnen.
Dennoch denk an ihn. Sehr oft. Sehr sehr oft.
Warum?

Ihn gehen lassen und weiter machen oder alles mitnehmen, was geht?
Ich bin immer unentschlossen. Eine klare Entscheidung zu treffen, fällt mir in den alltäglichen Dingen des Lebens schwer.
Was diese Frage angeht, hab ich schon einige Male meine Meinung geändert.
Gestern war ich an dem Punkt, dass ich alles mitnehmen wollte, was ging. Er ist nicht mehr lange hier, endlich habe ich mal einen attraktiven Kerl gefunden, der charakterlich nicht mein Typ ist und ich wollte es. Scheiß auf Spielchen und darauf, dass es gegen meinen Instinkt war, ihm zu schreiben. Scheiß drauf, dass er es geschafft hat, mich zu verwirren.
Heute sehe ich die Sache schon wieder anders. Das wichtigste ist Seelenfrieden.
Gibt er mir ein gutes Gefühl? Nur, wenn er die Klappe hält.
Muss ich mich damit abgeben?
Denke ich wirklich, dass es in einer Stadt wie dieser, keinen anderen Kerl gibt, der seine Qualitäten hat und mir zusätzlich ein gutes Gefühl gibt?
Wenn er mich sehen wollen wollte, würde er das tun. Männer sind Jäger. Gut möglich, dass er momentan mit seinen Klausuren gut beschäftigt ist, aber was ist danach? Sollte ich wirklich auf ihn "warten" anstatt weiterzumachen?
Hat er mich zu einem besseren Menschen gemacht?
Nein. Ich war an einem sehr guten Punkt, als ich ihn traf. Er hat das ein bisschen verändert. Er machte mich ein wenig schwach und verletzlich, vielleicht auch, weil es neues Terrain für mich ist, was mit jemandem auf gleicher Augenhöhe zu haben. Durch sein ewiges Gerede über Beziehungen, führte er mir die Vorteile einer Beziehung, die ich erfolgreich ausgeschaltet hatte, wieder vor Augen. Ich bin noch nicht bereit. Um mir das vor Augen zu halten, las ich die Posts von meiner Trennung durch. Drei Gedanken:
1. Ich kann echt eine eiskalte Bitch sein.
2. Die Dinge, die ich gesagt habe, waren teilweise sehr durchdacht.
3. Ich will mich nie wieder so fühlen. Ich will nie wieder meinem Körper so etwas antun.
Er wollte mich nicht stark sehen. Er wollte sehen, wie ich schwach war.
Andererseits...die paar Wochen, die er noch hier ist, könnte ich zu meinem Vorteil nutzen. Ist Stolz, von dem ich eindeutig zu viel habe, hier wirklich angemessen?
Und in wie weit spielt mein Helfersyndrom damit rein?

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