Mittwoch, 25. März 2020
Die Corona-Krise
honigbienchen, 00:12h
Dinge, die ich für wahrscheinlicher gehalten habe, als die momentane Situation:
Einen terroristischen Anschlag.
Den Ausbruch des dritten Weltkriegs, ausgelöst durch den Konflikt zwischen den USA und dem Iran.
Einen Bürgerkrieg, ausgelöst durch die fortschreitende Spaltung der Gesellschaft in Deutschland.
Worte, die mich täglich begleiten:
Krise.
Notstand.
Ausgangsbeschränkung.
Worüber haben wir davor geredet?
Sturmtief Sabine.
Waffengesetze, angeregt durch tödliche Familienkonflikte.
Ich verlasse seit dem neunten März das Haus nur noch zum Einkaufen oder um kurz frische Luft zu schnappen. Der Grund dafür liegt nicht im Anmarsch des Coronavirus, sondern in Ohrenschmerzen, die ich von einen Tag auf den anderen bekommen habe.
Die Warnung vor dem Ausbruch von Corona in Deutschland habe ich relativ früh bekommen. Mit den ersten bestätigten Fällen in Norditalien bekam ich einen Anruf, der mich vor der jetzigen Situation warnte. Der Anruf kam von einem Arzt aus meiner Familie, der sich sehr mit dem Thema beschäftigt und dieses Ausmaß schon im Januar/Februar vorher gesagt hat.
Ich habe es natürlich ernst genommen, aber dadurch, dass die Gerüchte kursierten, dass nur ältere oder Menschen mit Vorerkrankung an dem Virus sterben könnten, machte ich mir nicht so viele Gedanken. Bis ich darüber nachdachte, dass eine Infektion vollkommen symptomlos verlaufen kann und wen ich möglicherweise damit anstecken könnte. Um mich persönlich mache ich mir keine Gedanken, aber um meine Liebsten sehr.
Ich weiß, dass auch junge Menschen daran sterben können und auf keinen Fall will ich es herausfordern, aber das Leben meiner Liebsten ist wichtiger.
Ich las Artikel über die Situation in Norditalien, in denen beschrieben wurde, wie Personen in Norditalien zum Sterben nach Hause geschickt werden aufgrund des Mangels an Kapazitäten. Ein Erstickungstod ist ziemlich grausam, noch dazu ohne beruhigende Medikamente. Diese Vorstellung ist grausam. Kein sanftes, friedliches Einschlafen. Du bist bei vollstem Bewusstsein, wenn du stirbst. Ohne deine Angehörigen noch einmal gesehen zu haben.
Tal wurde nach ihrer Ankunft in Israel erst mal für zwei Wochen in Quarantäne gesteckt.
Hannah musste durch Trumps Aufruf von einem Tag auf den anderen zurück in die USA, traurig und verständnislos, weil sie hier gesundheitstechnisch viel besser versorgt wäre. "But Americans think they know it all."
Fredrik schaffte es gerade noch zu Ophélie nach Frankreich, bevor die Grenzen zu gemacht wurden.
Ina und Vroni waren Ende Februar/Anfang März auf einer Kreuzfahrt. Ständig wurden die Anlegeorte geändert, weil so viele Häfen dicht machten. Vroni lag einige Tage lang mit hohem Fieber und grippenähnlichen Symptomen im Bett. Sie war drei Mal bei der Ärztin, die sie mit biestigen Sprüchen wieder in ihr Zimmer schickte. Selbst wenn es Corona wäre, Vroni sei jung und würde das schon weg stecken. Währenddessen hieß es in den Durchsagen vom Kapitän, dass keine Person mit Fieber an Bord wäre und sich die Passagiere keine Sorgen machen brauchten. Später stellte sich heraus, dass fünf Personen auf diesem Schiff positiv auf Corona getestet wurden. Vroni wurde nach einigen Tagen zu Hause auch getestet, hat aber bis heute kein Ergebnis bekommen. Ina und Vroni wären aufgrund der Grenzschließungen auch fast nicht mehr nach Hause gekommen. Flixbusse wurden ohne Information an die beiden gestrichen, ein Zugticket kostete pro Person über 400 €, einen Flug zu buchen ging nicht. Sie haben glücklicherweise, obwohl sie noch nicht alt genug sind, ein Leihauto bekommen und sind über die Schweiz nach Deutschland gefahren, da Österreich die Grenzen bereits dicht gemacht hatte. Die Fahrt dauerte stundenlang und Ina war fix und fertig, weil ich auch noch ein Dachs vor das Auto gelaufen ist. Gott, war ich froh, in Deutschland zu sein.
Meine Uni wurde geschlossen, ebenso meine Arbeit. Wir haben einen Verdachtsfall von Corona in der Arbeit, trotzdem beschwerten sich die Professoren bei meiner Chefin und wollten, dass wir weiter arbeiteten. Der wissenschaftliche Betrieb muss weiter laufen. Verzeihung, aber wir haben einen mehr oder weniger bestätigten Fall von Corona. Die Post kann man sich über die paar Wochen auch mal selbst raus suchen. Meine Chefin blieb glücklicherweise standhaft und befreite uns bis Mitte April von der Arbeit.
Ich weiß, dass Deutschland sehr wohlhabend ist. Ich bin sehr behütet aufgewachsen und bin deshalb vielleicht ein wenig von der Realität abgeschnitten. Diese Stadt ist eine Blase. Natürlich war ich schon in einigen anderen Städten in Deutschland, aber weiß ich deshalb wirklich, wie es dort abgeht? Ich denke nicht.
Auch ich habe von diesem Wohlstand profitiert. Mir war bewusst, dass eine Rezession bevor stand, aber hätte nie damit gerechnet, dass eine derartige Situation, eine Pandemie im 21. Jahrhundert möglich wäre und zum Feind der deutschen Wirtschaft werden würde.
Betrachtet man es biologisch (Selektionsprozess) und rhetorisch hätte man mit einer Pandemie irgendwie rechnen können. Aber in diesem Ausmaß? Eine Pandemie, die nicht vor den Reichen und Schönen Halt macht. Ein unsichtbarer Gegner. Unwissend, ob man ihn in sich trägt.
Kein Gegenmittel in diesem fortschrittlichen Jahrhundert? Wie surreal.
14. März, Sprachnachricht an Ina:"Ich weiß, das ist wahrscheinlich eher eine Kopfsache, aber ich fühl mich nicht wohl, wenn ich raus gehe."
Wer mich menschlich ziemlich enttäuscht und auch überrascht hat war Felix. Sonst macht er immer einen auf guten Menschen und ich glaube auch, dass er ein gutes Herz hat. Aber die Aussagen, er kenne nicht viele Menschen über 60 und ihm wäre seine Freiheit wichtiger als das Wohl der Allgemeinheit fand ich heftig.
Ich wurde ziemlich sauer, weil das die Grundeinstellung von vielen Leuten ist, mit denen ich zur Schule gegangen bin. Ich bin reich, ich kann alles.
Es ist in Ordnung, wenn sich jemand selbst gefährden möchte, dann stürz dich von einer Klippe, ist mir egal. Aber gefährde nicht andere Menschen aus purer Selbstsucht.
Ich hab den Kontakt zu ihm dann auch erst mal ziemlich reduziert, weil er den Ernst der Lage gar nicht erkennen wollte. Es geht um uns alle, um unser ganzes System. Es gibt hier gerade keinen Platz für Egoismus.
Ich bereitete mich schon Mitte März auf eine mögliche Ausgangssperre vor, kaufte Bücher, Leinwände, Farben und Karteikarten.
Gerüchte um die Einnahme von Ibuprofen machten die Runde, ständig änderte die WHO ihre Meinung darüber.
Ich war ziemlich hoffnungsvoll, was die Situation angeht, auch wenn ich sauer auf die Menschheit war.
Dann bekam ich meine Tage und habe erstmals geweint. Als ich hörte, dass die Nationalhymne für die Leute gespielt wird, die unser Land gerade am Laufen halten. Nichts hat dieses Land bisher zerstört, aber dieser Virus zwingt es ziemlich in die Knie.
Ich las Berichte über Coronapartys, über massenhaftem Chillen in der Sonne und wollte einfach nur noch eine Ausgangssperre. Die Dummheit der Menschen gefährdet uns alle und ich konnte es nicht glauben. Was das Gesetz nicht gebietet, gebietet der Anstand. Und wenn die Menschen nicht hören wollen, muss man sie eben zu ihrer Sicherheit zwingen.
Die Krise hat aber auch ihre guten Seiten. Ich habe viel Zeit für mich und kann an meinem so angekratzten Selbstbewusstsein arbeiten. Das habe ich gebraucht.
Ich zog mich sehr zurück, selbst auf Whatsapp hatte ich nicht wirklich Lust. Ich war sehr introvertiert und fokussierte mich ausschließlich auf mich selbst, um wieder zu mir selbst zu finden. Ich verließ das Haus ausschließlich zum Einkaufen oder um ein wenig Spazieren zu gehen. Ich habe Inlikeskaten wieder für mich entdeckt. Ich trage kein Make-up und wasche meine Haare nicht ständig. Ich mache Gesichts- und Haarmasken.
Ich face time mit Freunden, mache Sport und habe sogar angefangen zu malen. Als die Ausgangssperre absehbar war, ging ich in den Supermarkt, kaufte 21 Leinwände und Farben und ließ meiner Kreativität freien Lauf. Während ich stundenlang Sternenkonstellationen, Schlösser und abstrakte Dinge malte, hörte ich Podcasts wie "Killer Instinct" und "Girl on Top".
Ich fand viel Zeit zu lesen. Ich las "The Secret", was mich sehr inspirierte. "Origin" von Dan Brown brachte mich sehr zum Nachdenken. So gesehen können Maschinen doch die Herrschaft über Menschen übernehmen. Ich sah mir die Reputation Stadium Tour an (und wurde emotional), The Secret, Bodyduard, Was Mädchen wollen, die Schwester der Königin, Dolly Partons Herzensgeschichten (sehr berührend), Shallons Videos, Rache ist sexy (ich liebe die Filmmusik), the Breakfast Club, Großkatzen und ihre Raubtiere (die USA sind teilweise echt anarchisch), Liebe ist blind (ist sie definitiv nicht), viele Videodokumentationen über Kriminalfälle und so weiter.
Ich machte Sport und fing an, mich regelmäßig zu dehnen. Ich kaufte bewusster ein, kochte und backte viel mehr als sonst. Ich hörte vor allem "Hard to forget" von Sam Hunt und "Man" von Jojo, sowie das neue Album von Conan Grey und das von Sam Hunt.
Nach fast drei Wochen freiwilliger Selbstisolation habe ich mehr Angst vor einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems als vor einer eigenen Ansteckung. Was nicht heißt, dass ich irgendetwas riskieren werde. Ich habe Angst vor einem Wohlstandsverlust, auch wenn ich in der Krise sehr gesegnet bin, da sie glücklicherweise nicht existenzbedrohend für mich ist.
Ich vermute, dass es in den USA in ein paar Wochen ziemlich abgehen wird. Die Rückholaktion von Trump führte zu Menschenmassen an den Flughäfen, was für die Verbreitung eines Virus ideal ist.
Die Todeszahlen steigen nur so in die Höhe. Ich weiß noch, wie ich wegen 7 Toten geschockt war. Dann wegen 39. Jetzt hoffe ich einfach nur das wir die nächsten Tausend nicht knacken. Dass die Notfallkrankenhäuser nicht gebraucht werden. Dass wir besser durch die Krise kommen als Italien.
Söder ist mir momentan sehr sympathisch, da er der Einzige ist, der etwas macht. Ewig diskutieren mag vielleicht sonst hilfreich sein, aber nicht in einer Pandemie, die sich exponentiell verbreitet.
Einen terroristischen Anschlag.
Den Ausbruch des dritten Weltkriegs, ausgelöst durch den Konflikt zwischen den USA und dem Iran.
Einen Bürgerkrieg, ausgelöst durch die fortschreitende Spaltung der Gesellschaft in Deutschland.
Worte, die mich täglich begleiten:
Krise.
Notstand.
Ausgangsbeschränkung.
Worüber haben wir davor geredet?
Sturmtief Sabine.
Waffengesetze, angeregt durch tödliche Familienkonflikte.
Ich verlasse seit dem neunten März das Haus nur noch zum Einkaufen oder um kurz frische Luft zu schnappen. Der Grund dafür liegt nicht im Anmarsch des Coronavirus, sondern in Ohrenschmerzen, die ich von einen Tag auf den anderen bekommen habe.
Die Warnung vor dem Ausbruch von Corona in Deutschland habe ich relativ früh bekommen. Mit den ersten bestätigten Fällen in Norditalien bekam ich einen Anruf, der mich vor der jetzigen Situation warnte. Der Anruf kam von einem Arzt aus meiner Familie, der sich sehr mit dem Thema beschäftigt und dieses Ausmaß schon im Januar/Februar vorher gesagt hat.
Ich habe es natürlich ernst genommen, aber dadurch, dass die Gerüchte kursierten, dass nur ältere oder Menschen mit Vorerkrankung an dem Virus sterben könnten, machte ich mir nicht so viele Gedanken. Bis ich darüber nachdachte, dass eine Infektion vollkommen symptomlos verlaufen kann und wen ich möglicherweise damit anstecken könnte. Um mich persönlich mache ich mir keine Gedanken, aber um meine Liebsten sehr.
Ich weiß, dass auch junge Menschen daran sterben können und auf keinen Fall will ich es herausfordern, aber das Leben meiner Liebsten ist wichtiger.
Ich las Artikel über die Situation in Norditalien, in denen beschrieben wurde, wie Personen in Norditalien zum Sterben nach Hause geschickt werden aufgrund des Mangels an Kapazitäten. Ein Erstickungstod ist ziemlich grausam, noch dazu ohne beruhigende Medikamente. Diese Vorstellung ist grausam. Kein sanftes, friedliches Einschlafen. Du bist bei vollstem Bewusstsein, wenn du stirbst. Ohne deine Angehörigen noch einmal gesehen zu haben.
Tal wurde nach ihrer Ankunft in Israel erst mal für zwei Wochen in Quarantäne gesteckt.
Hannah musste durch Trumps Aufruf von einem Tag auf den anderen zurück in die USA, traurig und verständnislos, weil sie hier gesundheitstechnisch viel besser versorgt wäre. "But Americans think they know it all."
Fredrik schaffte es gerade noch zu Ophélie nach Frankreich, bevor die Grenzen zu gemacht wurden.
Ina und Vroni waren Ende Februar/Anfang März auf einer Kreuzfahrt. Ständig wurden die Anlegeorte geändert, weil so viele Häfen dicht machten. Vroni lag einige Tage lang mit hohem Fieber und grippenähnlichen Symptomen im Bett. Sie war drei Mal bei der Ärztin, die sie mit biestigen Sprüchen wieder in ihr Zimmer schickte. Selbst wenn es Corona wäre, Vroni sei jung und würde das schon weg stecken. Währenddessen hieß es in den Durchsagen vom Kapitän, dass keine Person mit Fieber an Bord wäre und sich die Passagiere keine Sorgen machen brauchten. Später stellte sich heraus, dass fünf Personen auf diesem Schiff positiv auf Corona getestet wurden. Vroni wurde nach einigen Tagen zu Hause auch getestet, hat aber bis heute kein Ergebnis bekommen. Ina und Vroni wären aufgrund der Grenzschließungen auch fast nicht mehr nach Hause gekommen. Flixbusse wurden ohne Information an die beiden gestrichen, ein Zugticket kostete pro Person über 400 €, einen Flug zu buchen ging nicht. Sie haben glücklicherweise, obwohl sie noch nicht alt genug sind, ein Leihauto bekommen und sind über die Schweiz nach Deutschland gefahren, da Österreich die Grenzen bereits dicht gemacht hatte. Die Fahrt dauerte stundenlang und Ina war fix und fertig, weil ich auch noch ein Dachs vor das Auto gelaufen ist. Gott, war ich froh, in Deutschland zu sein.
Meine Uni wurde geschlossen, ebenso meine Arbeit. Wir haben einen Verdachtsfall von Corona in der Arbeit, trotzdem beschwerten sich die Professoren bei meiner Chefin und wollten, dass wir weiter arbeiteten. Der wissenschaftliche Betrieb muss weiter laufen. Verzeihung, aber wir haben einen mehr oder weniger bestätigten Fall von Corona. Die Post kann man sich über die paar Wochen auch mal selbst raus suchen. Meine Chefin blieb glücklicherweise standhaft und befreite uns bis Mitte April von der Arbeit.
Ich weiß, dass Deutschland sehr wohlhabend ist. Ich bin sehr behütet aufgewachsen und bin deshalb vielleicht ein wenig von der Realität abgeschnitten. Diese Stadt ist eine Blase. Natürlich war ich schon in einigen anderen Städten in Deutschland, aber weiß ich deshalb wirklich, wie es dort abgeht? Ich denke nicht.
Auch ich habe von diesem Wohlstand profitiert. Mir war bewusst, dass eine Rezession bevor stand, aber hätte nie damit gerechnet, dass eine derartige Situation, eine Pandemie im 21. Jahrhundert möglich wäre und zum Feind der deutschen Wirtschaft werden würde.
Betrachtet man es biologisch (Selektionsprozess) und rhetorisch hätte man mit einer Pandemie irgendwie rechnen können. Aber in diesem Ausmaß? Eine Pandemie, die nicht vor den Reichen und Schönen Halt macht. Ein unsichtbarer Gegner. Unwissend, ob man ihn in sich trägt.
Kein Gegenmittel in diesem fortschrittlichen Jahrhundert? Wie surreal.
14. März, Sprachnachricht an Ina:"Ich weiß, das ist wahrscheinlich eher eine Kopfsache, aber ich fühl mich nicht wohl, wenn ich raus gehe."
Wer mich menschlich ziemlich enttäuscht und auch überrascht hat war Felix. Sonst macht er immer einen auf guten Menschen und ich glaube auch, dass er ein gutes Herz hat. Aber die Aussagen, er kenne nicht viele Menschen über 60 und ihm wäre seine Freiheit wichtiger als das Wohl der Allgemeinheit fand ich heftig.
Ich wurde ziemlich sauer, weil das die Grundeinstellung von vielen Leuten ist, mit denen ich zur Schule gegangen bin. Ich bin reich, ich kann alles.
Es ist in Ordnung, wenn sich jemand selbst gefährden möchte, dann stürz dich von einer Klippe, ist mir egal. Aber gefährde nicht andere Menschen aus purer Selbstsucht.
Ich hab den Kontakt zu ihm dann auch erst mal ziemlich reduziert, weil er den Ernst der Lage gar nicht erkennen wollte. Es geht um uns alle, um unser ganzes System. Es gibt hier gerade keinen Platz für Egoismus.
Ich bereitete mich schon Mitte März auf eine mögliche Ausgangssperre vor, kaufte Bücher, Leinwände, Farben und Karteikarten.
Gerüchte um die Einnahme von Ibuprofen machten die Runde, ständig änderte die WHO ihre Meinung darüber.
Ich war ziemlich hoffnungsvoll, was die Situation angeht, auch wenn ich sauer auf die Menschheit war.
Dann bekam ich meine Tage und habe erstmals geweint. Als ich hörte, dass die Nationalhymne für die Leute gespielt wird, die unser Land gerade am Laufen halten. Nichts hat dieses Land bisher zerstört, aber dieser Virus zwingt es ziemlich in die Knie.
Ich las Berichte über Coronapartys, über massenhaftem Chillen in der Sonne und wollte einfach nur noch eine Ausgangssperre. Die Dummheit der Menschen gefährdet uns alle und ich konnte es nicht glauben. Was das Gesetz nicht gebietet, gebietet der Anstand. Und wenn die Menschen nicht hören wollen, muss man sie eben zu ihrer Sicherheit zwingen.
Die Krise hat aber auch ihre guten Seiten. Ich habe viel Zeit für mich und kann an meinem so angekratzten Selbstbewusstsein arbeiten. Das habe ich gebraucht.
Ich zog mich sehr zurück, selbst auf Whatsapp hatte ich nicht wirklich Lust. Ich war sehr introvertiert und fokussierte mich ausschließlich auf mich selbst, um wieder zu mir selbst zu finden. Ich verließ das Haus ausschließlich zum Einkaufen oder um ein wenig Spazieren zu gehen. Ich habe Inlikeskaten wieder für mich entdeckt. Ich trage kein Make-up und wasche meine Haare nicht ständig. Ich mache Gesichts- und Haarmasken.
Ich face time mit Freunden, mache Sport und habe sogar angefangen zu malen. Als die Ausgangssperre absehbar war, ging ich in den Supermarkt, kaufte 21 Leinwände und Farben und ließ meiner Kreativität freien Lauf. Während ich stundenlang Sternenkonstellationen, Schlösser und abstrakte Dinge malte, hörte ich Podcasts wie "Killer Instinct" und "Girl on Top".
Ich fand viel Zeit zu lesen. Ich las "The Secret", was mich sehr inspirierte. "Origin" von Dan Brown brachte mich sehr zum Nachdenken. So gesehen können Maschinen doch die Herrschaft über Menschen übernehmen. Ich sah mir die Reputation Stadium Tour an (und wurde emotional), The Secret, Bodyduard, Was Mädchen wollen, die Schwester der Königin, Dolly Partons Herzensgeschichten (sehr berührend), Shallons Videos, Rache ist sexy (ich liebe die Filmmusik), the Breakfast Club, Großkatzen und ihre Raubtiere (die USA sind teilweise echt anarchisch), Liebe ist blind (ist sie definitiv nicht), viele Videodokumentationen über Kriminalfälle und so weiter.
Ich machte Sport und fing an, mich regelmäßig zu dehnen. Ich kaufte bewusster ein, kochte und backte viel mehr als sonst. Ich hörte vor allem "Hard to forget" von Sam Hunt und "Man" von Jojo, sowie das neue Album von Conan Grey und das von Sam Hunt.
Nach fast drei Wochen freiwilliger Selbstisolation habe ich mehr Angst vor einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems als vor einer eigenen Ansteckung. Was nicht heißt, dass ich irgendetwas riskieren werde. Ich habe Angst vor einem Wohlstandsverlust, auch wenn ich in der Krise sehr gesegnet bin, da sie glücklicherweise nicht existenzbedrohend für mich ist.
Ich vermute, dass es in den USA in ein paar Wochen ziemlich abgehen wird. Die Rückholaktion von Trump führte zu Menschenmassen an den Flughäfen, was für die Verbreitung eines Virus ideal ist.
Die Todeszahlen steigen nur so in die Höhe. Ich weiß noch, wie ich wegen 7 Toten geschockt war. Dann wegen 39. Jetzt hoffe ich einfach nur das wir die nächsten Tausend nicht knacken. Dass die Notfallkrankenhäuser nicht gebraucht werden. Dass wir besser durch die Krise kommen als Italien.
Söder ist mir momentan sehr sympathisch, da er der Einzige ist, der etwas macht. Ewig diskutieren mag vielleicht sonst hilfreich sein, aber nicht in einer Pandemie, die sich exponentiell verbreitet.
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