Donnerstag, 29. Juli 2021
Scotty doesn't know that Fiona and me do it in my van every Sunday
Es gibt so viel zu erzählen. Meine zweite Impfung, meine Gedanken, mein Wochenendtrip mit meinen Freunden, was alles in der Welt abgeht und meine diesbezüglichen Ängste, der Mädelsabend bei Julia, wie ich in Fantasien und der Vergangenheit lebe, wie es mit meinem zweiten Job läuft, was mich verändert hat.
Doch bevor ich so tief in meine Gedanken eintauche, möchte ich mit etwas Oberflächlicherem beginnen. Mit enormen Schlafmangel, welcher aufgrund eines ereignisreichen Wochenendes und kurzen Nächten entstand, saß ich am Dienstag in der Arbeit. Mein Laptop und meine Notizen lagen vor mir, aber anstatt mich mit Leasingverträgen zu beschäftigen, sah ich mir das Musikvideo von "Lieben wir" an, nachdem mir Vroni am Wochenende eröffnete, dass sie dieses Lied, insbesondere die Zeile "Vielleicht hab ich ein' Boy, vielleicht sind es auch zwei oder drei Girls, alles könnte sein" an mich erinnere.
Jemand kam die Treppe herauf. Ich hatte nicht den Türöffner gedrückt, dementsprechend musste es ein Mitarbeiter sein. Ich machte das Musikvideo aus und gab vor, mich auf meinen Laptop zu konzentrieren. Unerwarteterweise blieb die Person stehen und ging in mein Zimmer. Ich sah auf, als eine männliche Stimme "Hey" sagte. Ich brauchte eine Sekunde, um zu verstehen wer vor mir stand. Die wenigen, streng fixierten Haare sind einer Glatze gewichen. Mit allem hab ich gerechnet, aber nicht damit. Obwohl ich ganz genau wusste, dass er irgendwann wieder in meiner Arbeit auftauchen würde. Eric. Puh. Das ist jetzt...drei Jahre her? Oder sind es erst zwei? Durch Corona hab ich manchmal Probleme, Ereignisse zeitlich richtig einzuordnen.
Wir fingen an ein wenig Smalltalk zu machen und ich betete insgeheim, dass es nicht unangenehm wurde. Kurz bevor Corona kam und ich seine Nummer gelöscht habe, fragte er mich, ob wir ein Bier trinken wollen, wenn er in der Stadt ist. Ich war eher kühl, lehnte das Bier ab und schlug alternativ einen Kaffee vor, dem er zustimmte. Ein Bier klingt zwar cool und freundschaftlich, aber ich weiß wie er drauf ist. Ich weiß, wie er denkt, welche Grenzen er überschreitet und ich wollte unter keinen Umständen, dass sich so etwas wiederholt. Ich fühlte mich nicht wohl und ich war so froh, als er die Stadt verlassen hat. Er wollte immer so viel über mich wissen, was ich nicht preis geben wollte. Er akzeptierte meine Grenzen nicht und beschaffte sich die Informationen anderweitig. In meinen paranoiden Phasen nach einer neuen Dokumentation über einen Kriminalfall, der Stalking beinhaltete, fragte ich mich stets, ob er auch so zu etwas fähig wäre. Ich will ihm überhaupt nichts unterstellen. In dubio pro reo. Aber ich bin ein sehr vorsichtiger Mensch und hinterfrage vieles. Ich versuche jede rote Flagge zu sehen.
Ich bereue nichts. Ich habe daraus gelernt und viel über mich gelernt. Klare Grenzen zu setzen ist das A und O.
Er fragte, was ich so machte und ich hielt es oberflächlich und behauptete, dass nicht viel los wäre. Es ging ihn nichts an. Ich stelle die Gegenfrage und er erzählte, dass er hier bald mündliche Prüfungen hätte und deshalb hier lernen würde. Im Nebensatz ließ er einfließen, dass er eine Freundin in Hamburg hat. Gott. sei. Dank. Ich entspannte mich. Somit bestand keine Gefahr.
So unangenehm es zum Ende hin auch war, er hat auch nette Seiten. Wir haben uns gut verstanden, er war auch immer sehr hilfsbereit. Deshalb werde ich ihn in den kommenden Wochen, in denen er hier lernt auch nicht ignorieren. Ich hoffe einfach, dass wir entspannt miteinander umgehen können und es nicht komisch wird.
Mittlerweile war es Mittag und ich habe noch nichts für die Uni geschafft. Bevor ich also weiter von den ganzen Ereignissen erzählte, musste ich lernen.

Ich bin nach der Arbeit noch zum lernen geblieben. Angesichts meines Schlafmangel hatte ich eine ziemliches Tief am Nachmittag. Irgendwann tauchte Eric, der im Nebenraum lernte, wieder bei mir auf. Irgendwie kann ich nur lachen. Wir redeten über meine ehemalige Wohnung in der Stadt und zählte meine damaligen Nachbarn auf. An meine asiatische Nachbarin konnte ich mich gar nicht mehr erinnern, weshalb er mit zweideutigem bedeutungsschwangerem Blick sagte:"Die von nebenan, wo du immer Angst hattest, dass sie uns hört..."
Warum.
Diesen Satz hätte er ruhig weglassen können. Seine Freundin fände das wahrscheinlich nicht so cool, wenn er so flirty Leichen aus dem Keller holt.
Ich überspielte es ganz gut. Glücklicherweise fing er dann an von seiner Freundin zu erzählen. Nur um nach einer kurzen Ausführung zu sagen:"Die würde dir auch gefallen. Nice boobies und einen nicen Arsch."
Brudi. Lass die Dreierfantasie mal ganz schnell sein.
Ich überspielte es lachend und sagte, dass ich mir so eine Freundin auch ausgesucht hätte. Was soll man auch sonst groß darauf antworten.
Ich ließ in in dem Glauben, der eine Teil meiner Persönlichkeit würde meinen ganzen Charakter widerspiegeln. Seine Einschätzung von mir war bereits derart festgefahren. Außerdem ging ihn mein Leben nichts an. Und ein kleiner Teil von mir fand es lustig, ihn ein wenig an der Nase herum zu führen, wohlwissend, dass ich sehr viel mehr war.
Er blieb bei dem Thema Freundin und sah mir nach jeder zweideutigen Aussage tief in die Augen. Brudi. Ich werde keinen Dreier mit euch haben und es könnte mich auch nicht weniger jucken. Zehn Jahre Abstand wären nicht genug.
Ich amüsierte mich innerlich. Was für eine Reaktion erhoffte er sich denn? Als ob ich hier auf seine Anspielungen eingehen würde oder eine Eifersuchtsszene schieben würde. Was denkt er, wie wichtig er ist? :D
Max war meine Rettung. Eric redete wieder zweideutiges Zeug, als Max mich anrief und sagte, er habe im Café gegenüber einen Tisch für uns. Ich packte mein Zeug zusammen, verabschiedete mich von Eric und ging ins Café. Max hatte ich auch ewig nicht mehr gesehen. Die Anwesenheit meiner Freunde ist so ausschlaggebend für meine Selbstbewusstsein. Als wir lachten fühlte ich wie die Glückshormone mich durchströmten. Ich war direkt weniger verschlossen. Die Komplimente des italienischen Kellner, die mir sonst so unangenehm wären, polierten mein Ego.
Ich bin mehr im Einklang mit mir selbst, wenn ich meine Freunde sehe.

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