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Mittwoch, 11. Juli 2018
I need a private show
honigbienchen, 23:24h
Hey ihr Lieben,
hier ist wie versprochen die Fortsetzung meines Wochenenddramas.
Ich hab einige Leute schon seit mehreren Tagen gefragt, ob sie auf das Sommerfest der Uni gehen.
Einmal war ich mit Max und Hendrik in der Mensa. Was auch sehr komisch war. Hendrik ist nicht unbedingt der offenste Typ und wenn er männliche Freunde von mir kennenlernt.
Er war anfangs sehr reserviert gegenüber Max, aber mit der Zeit wurde es besser. Als wir draußen am Tisch saßen, fragte ich in unsere Dreierrunde, ob sie denn auf das Sommerfest gehen. Beide antworteten mit ja, nachdem ich die Gegenfrage, ob ich gehe ebenfalls bejaht hatte. Für mich war das eine ganz unverbindliche Konversation, keine schriftliche Einladung mit Briefmarke und Siegel. Max hat das auch so aufgefasst. Hendrik, wie sich später rausstelle, nicht.
Der Abend des Sommerfestes war gekommen, ich war davor bei Toni und danach fuhren wir zusammen zur Uni, um uns an der Straßenecke hinter der Uni mit den beiden Julias zu treffen. Die Bar war brechend voll - nicht unbedingt verwunderlich, aber wir dachten nicht, dass es so voll werden würde. Daher dauerte es eine Weile, bis wir überhaupt einen Tisch bekamen. Zuvor fragte Hendrik, wann wir denn auf dem Sommerfest sein würden und ich antwortete wahrscheinlich zwischen zehn und elf. Wir Mädels hatten, als wir einen Tisch bekamen, echt eine gute Zeit in der Bar. Irgendwann nach Gesprächen über Exfreunde, Dreier und unser Jagdvorgehen, schrieb Hendrik und fragte, wo ich wäre. Ich antworte, wir würden gleich da sein, weil wir gerade ausgetrunken hatten und bezahlen wollten. Tja, dadurch, dass die Bar so voll und das Personal dort total unterbesetzt war, konnten wir ernsthaft erst nach einer halben Stunde bezahlen. Mittlerweile war es halb zwölf. Wir gingen im Schnellschritt zur Uni und ich schrieb Hendrik, dass wir da wären. Keine Antwort.
War mir dann auch ehrlich gesagt egal, weil ich den Alkohol in meinem Blut spürte und Spaß mit meinen Freundinnen haben wollte. Es war wirklich cool. Julia ist schon um zwei gegangen, weil sie letzte U-Bahn erwischen wollte. Toni und ich hatten gedacht, vielleicht bis halb vier zu bleiben. Haha. Es ist dann noch ziemlich cool geworden. Wir hatten einige nette Gespräche mit komischen und auch angetrunkenen Typen, die sich selbst falsche Namen gaben. Wir sahen den Typ aus der Bib wieder, der immer laut "scheiße, scheiße, scheiße" flüstert, wenn er im Stress ist. Ich tat so, als wäre Toni meine Freundin, als mich ein komischer Typ anlaberte und sie spielte ungewollt mit ohne es zu ahnen. Wir tanzten sehr viel. Um vier gönnten wir uns dann eine Pizza, was wahrscheinlich der Grund ist, warum Toni so lange durchgehalten hat (normalerweise will sie immer um zwei heim). Ach ja und wir haben ein einigermaßen gutes Abwehrsystem gefunden, was Leute angeht, die beim Tanzen mit dem Rücken zur dir hinter dir stehen. Arsch an Arsch praktisch. Sowohl letzte Woche als auch dieses Mal waren Typen dabei, die ihren Booty von meinem weggetan haben. Beste Abwehr: Sehr aggressiv mit dem eigenen Popo gegen den fremden Popo tanzen, als würde man ihn anmachen wollen. Das verwirrt sie nämlich total und ist superlustig. Ich muss zugeben: bei einem Kandidaten, der schon sehr betrunken war, wirkte es nicht wirklich. Er dachte wohl wirklich, dass ich ihn anmachen will. Kurz bevor wir gingen, tanzte ich noch kurz mit einem Typen, der mir auffiel, weil es - im Gegensatz zu den anderen Kerlen - genau so wild gestikulierend und melodramatisch "I want it that way" mitsang/tanze wie Toni und ich.
Als wir nach Hause gingen, wurde gerade der Himmel über der schönsten Straße dieser Stadt hell und es war einfach wunderschön. Toni und ich sind um sechs bei ihr gewesen. Wir dachten, wir wären krass, bis wir erfuhren, dass ihr jüngerer Bruder erst um acht heimgekommen ist. Wir hatten dann vier Stunden Schlaf, haben dann ausgiebig um zwölf gefrühstückt. Dann bin ich zu Naomi. Wir waren erst bei Ikea und haben ein paar Sachen für ihre Wohnung gekauft. Dann sind wir zu ihrem Freund und haben da mit ihm und seinem Kumpel gegrillt. Und dann sind wir zu ihr gefahren, haben ihre neue Wohnung angeschaut und sehr fleißig ein Ikearegal aufgebaut.
Schon am Morgen diesen Tages hatte ich eine Nachricht von Hendrik bekommen:"Was war das denn für eine Aktion gestern?"
Ich habe ihn gefragt, wo er denn war und er meinte, er sei nach zwei Stunden warten heimgegangen. Erstens fand ich es komisch, dass er dann scheinbar schon um zehn da war, obwohl ich von einer weite Zeitspanne sprach. Außerdem hätte ich nie gedacht, dass er alleine kommt. Ich dachte, er nimmt vielleicht auch ein paar Freunde mit und wir treffen uns dann unverbindlich irgendwo auf dem Sommerfest. Im Nachhinein hätte ich es mir denken können. Er hat nicht wirklich viele Freunde und die Leute aus seinem Semester sind alle mitten in der Prüfungsphase. Aber trotzdem überraschte es mich, wahrscheinlich weil ich einfach ganz anders bin. Wenn etwas so unverbindlich ausgemacht ist, würde ich erstens nie alleine hingehen und zweitens auch nicht so lange warten. Mir ist auch gar nicht in den Sinn gekommen, dass er so lange wartet. Ich dachte, er wäre schon mir irgendwelchen Freunden reingegangen.
Naja, auf jeden Fall hab ich mich dann entschuldigt, dass wir uns da missverstanden haben. Und er hätte es gut sein lassen können. Aber es ist ja Hendrik. Dann ging es erst richtig hab. Nachdem er mir davor immer wieder schrieb, "ich dachte, wir machen das zusammen" (wobei mir dieses Wort "zusammen" sehr gestört hat), fing damit an, dass er so viel in unsere Freundschaft investiert und ich keine Gefühle zeige. Und das ich ihm immernoch ein Rätsel bin, obwohl er ja so gut darin ist, Leute zu durchschauen. Here we go again. Ich wurde schon öfter - insbesondere von schwachen Kerlen - als Rätsel bezeichnet. Und am Anfang lieben sie Rätsel und finden es spannend, aber wenn dann der Tornado von Charakterzügen auf sie zukommt, fangen sie an wegzurennen und sich zu verstecken. Und das ist vollkommen okay für mich. Ich brauche sie nicht. Ich weiß, dass mein Charakter komplex ist und bisher konnte dieses Packet noch niemand handeln. Und das ist ebenfalls okay. Ich finde es nur immer wieder amüsant, wenn sie danach überrascht sind. Ich meinte darauf hin, dass er bei mir an der falschen Adresse sei, wenn er irgendwelche Gefühle von mir erwartet. Ich bin nicht der Typ dafür, noch dazu, wenn ich so danach gefragt werde. Außerdem glaube ich auch, dass er nicht nur die rein freundschaftlichen Gefühle meinte. Und bezüglich des Rätsels meinte ich, dass sich daran nichts ändern wird. Und dann war er so dreist und fing an mich so analysieren. Er hat mir unterstellt, ich hätte auf jeden Fall Gefühle für ihn, was ich gewagt fand, wo ich ihm doch seine Grenzen klar aufgezeigt hatte. Am Ende eines ewig langen Textes über meine Gefühle für ihn, die in angeblichen Schutzmechanismen hängen bleiben, beendete er den Text mit: Naja, ist ja deine Sache. Darauf antwortete ich nur "Richtig". Sehr knapp, ich weiß, aber ich fand Tonis Theorie ganz plausibel. Sie meinte, er weiß ganz genau, wo meine Grenzen sind und er provoziert mich absichtlich, einfach nur, damit ich ihm überhaupt schreibe. Andererseits weiß ich nicht, ob er wirklich gecheckt hat wo die Grenzen sind. Ich fühlte mich davon so in die Enge gedrängt und mein Fluchtinstinkt kam zum Vorschein. Ich stieß ihn weg. Dann ließ er es immer noch nicht gut sein, sondern meinte, dass wir doch mal darüber reden sollten (ach, ich dachte, es ist meine Sache?!). Ich meinte daraufhin, dass ich nicht wüsste, was es zu besprechen gäbe. Ich hab ihm letzten Oktober klar gesagt, dass ich nichts von ihm will und er ist wirklich der letzte meiner Freunde mit dem ich was anfangen würde. Naomi meinte, dass er vielleicht denkt, dass ich meine Meinung noch ändere, weil das im Oktober ja sehr kurz nach der Sache mit meinem Ex war. Ich versteh Kerle einfach nicht. Wenn ich irgendwie ansatzweise was von ihm wollen würde, würde ich mich doch ganz anders verhalten. Aber gut, ich will ihm keinen Vorwurf machen, er hat auch nicht unbedingt Erfahrung mit Mädels. Nachdem ich das mit dem besprechen schrieb, kam er plötzlich wieder von meinen Gefühlen für ihn auf das Sommerfest zurück und meinte eingeschnappt, dass ich also nichts dazu zu sagen hätte, dass er mir nicht leid tut und dass er sich aus meinem Kram raushalten solle. Dann meinte er, dass er sich erstmal distanzieren würde, weil das besser für uns beide ist. Seh ich ganz genau so. Ich hab ihm dann nur noch einen Screenshot mit der Stelle geschickt, wo ich geschrieben hatte, dass es mir sehr wohl leid tut. Der Typ ist so krank. Ich sollte mich echt von solchen Psychopathen fernhalten. Aber ich will ihn auch nicht komplett ihm Stich lassen, weil er momentan fast keinen Kontakt zu seiner Familie hat und wirklich viele Freunde hat er auch nicht. Und ja, ich werde von ihm in die Muddi-Rolle gedrängt und momentan ist mir das alles zu viel. Wenn man mich in die Enge treibt, erreicht man genau das Gegenteil. Und ich verstehe nicht, warum er es nicht einfach gut sein lassen konnte. Aber gut, ich denke, dass wird sich schon wieder einrenken. Das ist einfach viel zu viel Drama für mich - vor allem, wenn es ein Kerl ist, der das Drama startet. ich versteh ja, dass er sauer wegen dem Missverständnis ist, aber ich fand es echt dreist von ihm mir irgendwelche Gefühle für ihn zu unterstellen. Naja, mal sehen. Vermutlich sehen wir uns eh bald wieder, wenn Addi seinen Geburtstag feiert. Wir werden sehen.
Okay, anderes Thema:
Ich hab heute was sehr verrücktes und wahrscheinlich auf ziemlich Dummes gemacht.
Ihr erinnert euch an meine Anziehungen bezüglich meines Tutoriumsleiters? Wir nennen ihn hier T, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.
Also: Gestern war das letzte Tutorium dieses Semesters und normalerweise geht man danach immer noch zusammen in den Biergarten. Wir waren aber nur noch zu dritt ihm Tutorium, nicht mal Toni war da (weshalb ich sie später hätte schlagen können :P). Die anderen beiden Kommolitonen meinten, sie hätten keine Zeit danach, als T fragte, wie es bei uns aussieht. Ich sagte gar nichts, weil ich komplett verunsichert war. Ich hab selbstbewusstere und wenig selbstbewusstere Tage und gestern war es auf jeden Fall letzteres. Nicht unbedingt die beste Voraussetzung dafür mit seinem Tutoriumsleiter alleine zu sein. Also fingen wir mit dem Tutorium an. Am Ende machen wir alle ein bisschen Smalltalk. Die anderen beiden Kommolitionen verschwanden sehr abrupt. Ich war gerade dabei meine Jacke anzuziehen und mich dazu zu entschließen, nicht irgendwas zu machen (obwohl Toni mich mit Nachrichten vollspamte, dass ich alleine mit ihm in den Biergarten gehen soll und mit ihm flirten soll - aber wie gesagt, ich war nicht besonders selbstbewusst gestern). Er wischte gerade hektisch die Tafel und meinte, als ich Richtung Tür gehen wollte plötzlich:"Und die Antonia ist heute nicht gekommen?" (weil wir zwei sonst immer zusammen ins Tutorium gehen und praktisch immer zu zweit rumlaufen).
Ich:"Nein, die konnte ich heute nicht motivieren. Die hat gar keinen Bock mehr auf Uni."
Dann meinte er so, dass das ja verständlich sei und dass er sich eh gefreut hat, dass heute noch welche da waren. Dann hielt er mir die Tür auf und wir führten den Smalltalk über das Tutorium, das Studium und den Schwerpunkt weiter. An der Straße fragte ich dann, wo er hin muss und wir hatten den selben Weg. Wir redeten weiter und kurz bevor sich unsere Wege trennen sollten, meine ich, dass ich in diese Richtung muss und einen Kaffee brauche, weil ich sonst einschlafe. Ich dachte eigentlich, dass er sich dann verabschieden würde und sich unsere Wege trennen würden. Falsch gedacht. Er meinte, dann trinkt er auch noch schnell einen mit. Als ich gerade meine Karte aufladen wollte, meine er:"Nein, komm, ich lad dich ein."
Ich:"Nein, ich zahl selber, aber danke."
Er:"Nein, komm jetzt!"
Ich gab nach. Ich fand das sehr nett von ihm, aber ich war auch insgesamt ein bisschen überfordert mit der Situation. Ich meine, er ist höchstens fünf Jahre älter als ich, aber er ist halt auch mein Tutoriumsleiter gewesen. Trotzdem konnte man sehr gut mit ihm reden. Wir haben uns dann rausgesetzt und weiter geredet. Über alles Mögliche: Familie, Reisen, seine Examensvorbereitung, das Studium, Arbeit, Herkunft, etc. Es war tatsächlich erfrischend, mal mit einem Mann zu reden, der sein Leben im Griff hat und trotzdem noch jung ist und irgendwie auf der selben Wellenlänge wie man selbst. Es war ein sehr nettes Gespräch. Dann fing es plötzlich an sehr dunkel zu werden, obwohl es erst fünf war. Ein Gewitter zog auf und sorgte dafür, dass wir uns verabschiedeten. Unsere Verabschiedung war etwas merkwürdig. Normalerweise hätte ich in umarmt, aber ich wusste nicht, ob das angebracht war und ich dachte mir auch, dass er der Kerl ist und wenn dann schon von ihm etwas kommen muss. Er wirkte auch ein wenig verunsichert, vielleicht hätte ich auch mein Pokerface ablegen sollen. Zum Schluss meinte er, wenn irgendwas ist, kann ich ihm immer gerne eine Mail schreiben oder ansonsten ist er auch jeden Tag in der Bib im zweiten Stock. Ich weiß immer noch nicht, ob er das einfach aus Höflichkeit und Verantwortungsbewusstsein gesagt hat. Es fing an zu schütten und zu hageln und ich ging zurück zur Arbeit. Erst dort fiel mir siedend heiß ein, dass ich mich gar nicht für den Kaffee bedankt hatte. Und das war mir super unangenehm, weil ich so eigentlich gar nicht bin und unter keinen Umständen will, dass jemand denkt, dass ich sowas für selbstverständlich nehme und nicht als nette Geste zu schätzen weiß (auch wenn es mir etwas unangenehm ist).
Ich arbeitete noch eine Stunde und dann traf ich mich mit Franzi zum Essen. Sie meinte sofort, ich soll ihm eine Email schreiben und mich für den Kaffee bedanken. Ich war mir unsicher. Ich bin normalerweise eine Passivjängerin. Das heißt: ich jage nicht aktiv Kerlen hinterher und nein, ich bin auch nicht nur das Wild, das gejagt wird. Ich brauch ein bisschen Spannung, ein Kerl - wie Hendrik - zum Beispiel, der sofort zurückschreibt und von Anfang an viel zu sehr bemüht - verliert schnell mein Interesse. Und genau diese Art von Jungs mochte ich schon immer: die Mr. Darcy's, die Staubfinger, die Patrick Veronas dieser Welt. Für Sonnyboys hatte ich nie wirklich was übrig. Aber ich schweife ab. Auf jeden Fall ist es überhaupt nicht mein Ding irgendeinem Kerl hinterher zu jagen. Aber Franzi kam dann mit ihrer Motivationsrede, dass mein Schicksal selbst in die Hand nehmen müsse, dass ich so wenigstens weiß, woran ich bin, etc. Und am Ende des Abends ließ ich mich dann tatsächlich überzeugen. So untypisch für mich. Ich schickte Toni, Ina und Naomi zwei Entwürfe der Formulierung der Email. Es kamen komplett unterschiedliche Meinung dabei raus, aber Toni toppte es natürlich. Sie meinte, sie würde mir heute in der Vorlesung sagen, was sie am Besten findet.
Ich traf Toni heute schon zufällig auf dem Gang, zusammen gingen wir zur Vorlesung.
Der Prof war noch nicht da, ich zog gerade meine Jacke aus, als sie sagte:"Du schreibst ihm gar keine E-Mail - du gehst heute in die Bib, wo er immer ist und gibst ihm deine Handynummer!"
Ich war erst mal baff. Ich musste mich gestern schon überwinden und jetzt sollte ich drei Mal so mutig sein und das machen? Etwas was gar nicht meine Art und absolut nicht passivjägerisch ist? Puhh
Ich war zuerst total dagegen. Ich mein, ich ließ mich ja gestern schon überzeugen, ihm eine Mail zu schreiben, aber Toni muss natürlich immer noch eine Monsterkirsche auf's Sahnehäubchen setzen.
Das Ding ist auch: ich bin ein Kontrollfreak. Überhaupt nicht bezüglich anderen, aber sehr hinsichtlich meiner selbst. Ich liebe es mich auf Dinge einzustellen, zu planen und zu wissen, was auf mich zukommt. Und ich habe nicht nur immer einen Plan B sondern sogar einen Plan C und D. Nur für alle Fälle. Deswegen bevorzuge ich es auch bei Kerlen die Oberhand zu behalten. Ich habe nie irgendeinen Kerl gejagt. Wenn ich jemanden mochte, war ich zwar höflich und freundlich, aber mehr war von meiner Seite nicht zu erwarten. Ich weiß nicht genau warum. Kontrolle, Schüchternheit, hohe Ansprüche. Das wäre dann praktisch das erste Mal, dass ich so forsch und aktiv auf einen Kerl zugehen würde. Hab ich dann noch die Oberhand? Im Endeffekt überlass ich ihm dadurch ja wie oder ob es überhaupt weiterläuft. Einerseits könnte ich mich dadurch entspannt zurücklehnen, aber das bin ich irgendwie nicht. Ich möchte selbst die Kontrolle darüber behalten. Deshalb bevorzuge ich es auch sehr viel lieber, wenn Kerle mir ihre Nummer geben. Aber man soll ja offen für Neues sein. Und ich will diesen Sommer so viele Erinnerungen wie möglich schaffen. Die beste Zeit um Single zu sein ist genau jetzt. Und ich nutze diese Zeit vielleicht nicht ganz so wie ich sollte oder könnte. Klar, ich geh oft feiern, mach viel mit Freunden und hab eine wirklich tolle Zeit. Aber was Kerle angeht herrscht momentan echt tote Hose. Liegt natürlich auch daran, dass ich gewisse Ansprüche habe und einfach schon vorher aussortiere. Ich will unter keinen Umständen etwas Festes, aber ein bisschen Spaß würde mir gut tun. Und nein, ich melde mich nicht auf Tinder an. :D Dafür bin ich zu konservativ. Und zu paranoid. :P Was ich sagen wollte, ist, dass obwohl ich mein Horizont, was mein Beuteschema betrifft, zwar auf jeden Fall erweitert habe, aber trotzdem ist es nicht ganz so leicht, Kerle zu finden, die ich wirklich gut finde. Okay, die letzten Monate hab ich auch gefühlt nur in der Uni verbracht und in meinem Semester sind nicht unbedingt die männlichsten Männer - im Gegenteil.
Ich schweife schon wieder ab. :D
Ich war nicht bereit, die Kontrolle so aus der Hand zu geben, noch dazu, wenn von seiner Seite nicht wirklich Andeutungen kamen. Aber vielleicht ist das genau etwas, was man einmal im Leben gemacht haben muss?
Toni zeigte keine Gnade. Sie war kurz davor eine Abstimmung auf Jodel zu machen.
Ihre Argumente:
- was du von gestern erzählt hast, ist da auf jeden Fall was
- er hätte nicht mitkommen müssen und er hätte sich auch viel schneller wieder verziehen können
- er hätte deinen Kaffee nicht bezahlen müssen
- ihr wart im Tutorium auch schon immer so in eurer "Zone"
- sonst weißt du nie woran du bist
- sonst hätte er dir nicht so genau gesagt, in welches Bib er immer ist
- selbst wenn es nichts wird warst du wenigstens mega mutig
- so was muss man einmal gemacht haben
- Kerle finden das super, wenn das Mädel den ersten Schritt macht (Toni hat im Spätsommer letzten Jahres genau so einem Typen in einer Bar ihre Nummer gegeben - aus ihnen ist aber nichts geworden)
Ich hab dann nochmal Franzi, Ina und Naomi und Rat gefragt, weil ich mir einfach total unsicher war. Wieder waren die Meinungen gemischt.
Bedenkt: Während wir die ganze Zeit diskutierten, lief schon die Vorlesung.
Toni fing schon an einen Zettel zu falten, meine Nummer darauf zu schreiben + "Danke für den Kaffee :)"
Dann zeriss sie den Zettel und riss nur ein Stück aus ihrem Block raus, weil es sonst "zu geplant" rüber kommen würde.
Ich war immer noch am Hin und Her überlegen, aber Toni bearbeitete mich durchgehend.
Wir beschlossen dann die Vorlesung, aus der wir nichts mitgenommen hatten, Vorlesung sein zu lassen und rüber ins das Gebäude zu gehen, wo sich die gewisse Bib befand.
Wir wollten erstmal schauen, ob er überhaupt da war - wenn nicht, wäre das Schicksal auf meiner Seite und ich würde die Vision mit der E-Mail nehmen.
Wir setzten uns auf eine Bank um die Ecke vom Eingang der Bib. Nach ewigen Diskussionen, sprang Toni auf und meinte sie "checkt jetzt mal die Lage". Ich blieb auf der Bank sitzen, während sie um die Ecke flitzte. Ich dachte, das Schicksal wäre vielleicht doch auf meiner Seite. Aber nach zehn Sekunden bekam ich eine Nachricht von Toni:"Er ist da! Er sitzt am Fenster!"
Und ich dachte mir nur: fuuuuuck.
Und schon war sie auch wieder zurück. Sie sprühte vor Aufregung und Vorfreude. Und mein Puls fing an Überstunden zu machen.
Ich:"Ich brauch einen Shot!" Mit Alkohol würde ich nicht so viel darüber nachdenken.
Sie:"Nein, du gehst da jetzt rein! Ich hab kurz so getan, als würde ich was an den Regalen schauen und bin dann wieder raus. Und er hat mich nicht gesehen."
Ich:"Alter, ich kann das nicht."
Sie:"Klar kannst du das! Du siehst Bombe aus, als würde der dir einen Korb geben! Schau dich mal an!"
Als ob es nicht schon genug war, dass ich mega nervös war, musste sie mich auch noch verlegen machen. Nein, ich fand es ja total süß, dass sie sich so für mich einsetzt! Und vielleicht war das Karma. Ich hab sie nämlich damals auch überredet, dem Typ in der Bar ihre Nummer zu geben.
Trotzdem war ich so nervös. Einfach weil ich nicht wusste, woran ich war und ob das nicht alles total idiotisch und dumm ist.
Ich:"Können wir kurz runter ins Café gehen, dann trink ich noch ein Bier."
Sie:"Sabrina, du brauchst kein Bier!!! Du machst das jetzt! Ansonsten kann ich auch für dich reingehen und ihm deine Nummer geben."
Ich:"Ne, das wäre nicht so gut glaub ich. Ich bin zwar ein Schisser, aber das muss er ja nicht gleich erfahren."
Sie:"Okay, dann geh da jetzt rein!"
Ich:"Mädel, du machst mich fertig!"
Und ausgerechnet heute hatte ich mir nicht allzu viel Mühe mit meinem Aussehen gegeben, weil ich dachte, ich würde nur für eine Vorlesung und eine AG in die Uni gehen. Bad-Hair-Day hatte ich außerdem. Zumindest hatte ich hohe Schuhe an, das machte sie Sache etwas besser.
Ich beschloss mit meinen Kopfhörern auf einem Ohr Musik zu hören, während ich rein ging. Meine Hände zitterten als ich das Kabel einsteckte. Ich machte "Hey Porsche" an und versuchte ein paar Mal tief durchzuatmen. Toni redete währenddessen weiter auf mich ein, wie schon seit der Vorlesung.
Und ich dachte mir: Wenn ich es nicht mache, werde ich mich vielleicht fragen - was wäre wenn?
Better oops than what if.
Und so besprach ich ein letztes Mal mein Vorgehen mit Toni, stand auf und ging los.
Die Tür zur Bib drückte ich erstmal zu, anstatt sie aufzuziehen. Typisch ich. :D Ich ging in den Raum, scannte und sah ihn ganz hinten am Fester. Weil ich die Tür schwungvoll zugeschlagen hatte, sahen mich schon alle an. Jaja, ich war ein böser Störfaktor. T bekam davon nichts mit, weil er Kopfhörer aufhatte. Ich bahnte mir den Weg durch die Tische und vorbei an einem Stuhl, auf dem ein Kerl seine nackten Füße platziert hatte.
T sah mich erst im letzten Moment, also erst als ich neben ihm stand. Er riss sich schwungvoll die Kopfhörer vom Kopf und meinte:"Heyy!"
Ich:"Hey."
Er wollte irgendwas sagen, aber ich schob ihm nur ganz subtil den zusammengefalteten, aber dennnoch abgerissenen Zettel auf den Toni meine Nummer und den Satz geschrieben hatte hin, meinte "Viel Spaß noch" (ich meine so was wie "danke!" von ihm gehört zu haben) und stolzierte so selbstbewusst wie möglich aus der Bib. Ich will gar nicht wissen, was sich die Aufsicht gedacht hat, als erst Toni zehn Sekunden drin war und dann ich zehn Sekunden.
Meine Hände zitterten immernoch, als ich wieder zu Toni um die Ecke ging.
Sie faltete ihre Klausur zusammen und meinte:" Du warst ja schnell, ich konnte gar nicht meine Klausur lesen! UND?????"
Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, was ich gesagt hab.
Aber sie ist daraufhin aufgesprungen und hat eine Mischung aus Indianer- und Freudentanz veranstaltet.
Sie ist komplett ausgerastet, meinte, sie ist so stolz auf mich und omg und alles. :D
Dann nahmen wir schnell unsere Taschen, weil wir kurzzeitig Paranoia hatten, dass er aus der Bib kommen würde und uns inflagranti erwischen würde und dann wäre meine vorgetäuschte ach so spontane Coolness natürlich dahin. :P
Wir griffen unser Zeug, und rannten in die entgegengesetzte Richtung die Treppe runter. Wir winkten noch kurz Eric, einem Typen aus meiner Arbeit und verließen zügig das Gebäude. Wir wechselten die Straßenseite und gingen im anderen Gebäude zu unserem AG-Raum. Toni führte ein weiteres Argument auf und meinte, er ist in der Examensvorbereitung bestimmt total unterv*gelt.
Ich wusste nicht was ich von der Sache halten soll. Das Adrenalin schoss immer noch durch meine Venen und obwohl es mittlerweile Mittags war, verspürte ich deshalb kein Hungergefühl.
In der AG haben wir Julia alles erzählt, die es total gefeiert hat und die Situation ähnlich hoffnungsvoll sieht wie Toni.
Toni hat übrigens im Sommer vor einem Jahr ihre Nummer einem AG-Leiter gegeben, der sich dann aber nie gemeldet hat.
Julia hat genau zu diesem Zeitpunkt ihre Nummer auch einem anderen AG-Leiter gegeben, aber der hatte leider eine Freundin.
Ich sollte mir also wohl nicht allzu große Hoffnungen machen.
Ich bin schon irgendwie stolz auf mich, dass ich es (mit viel Druck von und eigentlich nur mit Unterstützung von Toni) durchgezogen habe, aber ganz wohl fühl ich mich nicht. Ich weiß, ich sollte das total entspannt sehen, aber das ist nicht ganz so leicht für einen Kontrollfreak. :D
Je länger ich darüber nachdenke umso mehr komm ich zu dem Schluss, dass das eine idiotische Idee war und es ist mir sehr unangenehm. Ich war heute sogar laufen um das zu verdrängen. Ich hasse es in dieser Schwebe zu sein. Das ist einfach nicht meine Natur.
Mittlerweile denke ich auch nicht, dass etwas von ihm kommen wird. Und das ist auch okay so, ich mein, ich finde ihn ja nur anziehend und ganz cool.
Wir werden sehen, aber ich versuche mir keine Hoffnungen zu machen, dass irgendwas von ihm kommt.
Naja, das war also bisher eine ziemlich aufregende Woche - für meine Verhältnisse.
Morgen treff ich mich mit Chris am See, mal schauen, was er dazu sagt.
Am Freitag gehen wir Mädels feiern und ich versuche das Prinzip aus Traumfrauen zu verwirklichen. T ist nur Nagellack Numero uno. So bewahr ich mich vor irgendeiner emotionalen Verwicklung für die ich weder Zeit noch Lust darauf habe.
Bin gespannt, wie der Sommer so wird.
Bis bald!
hier ist wie versprochen die Fortsetzung meines Wochenenddramas.
Ich hab einige Leute schon seit mehreren Tagen gefragt, ob sie auf das Sommerfest der Uni gehen.
Einmal war ich mit Max und Hendrik in der Mensa. Was auch sehr komisch war. Hendrik ist nicht unbedingt der offenste Typ und wenn er männliche Freunde von mir kennenlernt.
Er war anfangs sehr reserviert gegenüber Max, aber mit der Zeit wurde es besser. Als wir draußen am Tisch saßen, fragte ich in unsere Dreierrunde, ob sie denn auf das Sommerfest gehen. Beide antworteten mit ja, nachdem ich die Gegenfrage, ob ich gehe ebenfalls bejaht hatte. Für mich war das eine ganz unverbindliche Konversation, keine schriftliche Einladung mit Briefmarke und Siegel. Max hat das auch so aufgefasst. Hendrik, wie sich später rausstelle, nicht.
Der Abend des Sommerfestes war gekommen, ich war davor bei Toni und danach fuhren wir zusammen zur Uni, um uns an der Straßenecke hinter der Uni mit den beiden Julias zu treffen. Die Bar war brechend voll - nicht unbedingt verwunderlich, aber wir dachten nicht, dass es so voll werden würde. Daher dauerte es eine Weile, bis wir überhaupt einen Tisch bekamen. Zuvor fragte Hendrik, wann wir denn auf dem Sommerfest sein würden und ich antwortete wahrscheinlich zwischen zehn und elf. Wir Mädels hatten, als wir einen Tisch bekamen, echt eine gute Zeit in der Bar. Irgendwann nach Gesprächen über Exfreunde, Dreier und unser Jagdvorgehen, schrieb Hendrik und fragte, wo ich wäre. Ich antworte, wir würden gleich da sein, weil wir gerade ausgetrunken hatten und bezahlen wollten. Tja, dadurch, dass die Bar so voll und das Personal dort total unterbesetzt war, konnten wir ernsthaft erst nach einer halben Stunde bezahlen. Mittlerweile war es halb zwölf. Wir gingen im Schnellschritt zur Uni und ich schrieb Hendrik, dass wir da wären. Keine Antwort.
War mir dann auch ehrlich gesagt egal, weil ich den Alkohol in meinem Blut spürte und Spaß mit meinen Freundinnen haben wollte. Es war wirklich cool. Julia ist schon um zwei gegangen, weil sie letzte U-Bahn erwischen wollte. Toni und ich hatten gedacht, vielleicht bis halb vier zu bleiben. Haha. Es ist dann noch ziemlich cool geworden. Wir hatten einige nette Gespräche mit komischen und auch angetrunkenen Typen, die sich selbst falsche Namen gaben. Wir sahen den Typ aus der Bib wieder, der immer laut "scheiße, scheiße, scheiße" flüstert, wenn er im Stress ist. Ich tat so, als wäre Toni meine Freundin, als mich ein komischer Typ anlaberte und sie spielte ungewollt mit ohne es zu ahnen. Wir tanzten sehr viel. Um vier gönnten wir uns dann eine Pizza, was wahrscheinlich der Grund ist, warum Toni so lange durchgehalten hat (normalerweise will sie immer um zwei heim). Ach ja und wir haben ein einigermaßen gutes Abwehrsystem gefunden, was Leute angeht, die beim Tanzen mit dem Rücken zur dir hinter dir stehen. Arsch an Arsch praktisch. Sowohl letzte Woche als auch dieses Mal waren Typen dabei, die ihren Booty von meinem weggetan haben. Beste Abwehr: Sehr aggressiv mit dem eigenen Popo gegen den fremden Popo tanzen, als würde man ihn anmachen wollen. Das verwirrt sie nämlich total und ist superlustig. Ich muss zugeben: bei einem Kandidaten, der schon sehr betrunken war, wirkte es nicht wirklich. Er dachte wohl wirklich, dass ich ihn anmachen will. Kurz bevor wir gingen, tanzte ich noch kurz mit einem Typen, der mir auffiel, weil es - im Gegensatz zu den anderen Kerlen - genau so wild gestikulierend und melodramatisch "I want it that way" mitsang/tanze wie Toni und ich.
Als wir nach Hause gingen, wurde gerade der Himmel über der schönsten Straße dieser Stadt hell und es war einfach wunderschön. Toni und ich sind um sechs bei ihr gewesen. Wir dachten, wir wären krass, bis wir erfuhren, dass ihr jüngerer Bruder erst um acht heimgekommen ist. Wir hatten dann vier Stunden Schlaf, haben dann ausgiebig um zwölf gefrühstückt. Dann bin ich zu Naomi. Wir waren erst bei Ikea und haben ein paar Sachen für ihre Wohnung gekauft. Dann sind wir zu ihrem Freund und haben da mit ihm und seinem Kumpel gegrillt. Und dann sind wir zu ihr gefahren, haben ihre neue Wohnung angeschaut und sehr fleißig ein Ikearegal aufgebaut.
Schon am Morgen diesen Tages hatte ich eine Nachricht von Hendrik bekommen:"Was war das denn für eine Aktion gestern?"
Ich habe ihn gefragt, wo er denn war und er meinte, er sei nach zwei Stunden warten heimgegangen. Erstens fand ich es komisch, dass er dann scheinbar schon um zehn da war, obwohl ich von einer weite Zeitspanne sprach. Außerdem hätte ich nie gedacht, dass er alleine kommt. Ich dachte, er nimmt vielleicht auch ein paar Freunde mit und wir treffen uns dann unverbindlich irgendwo auf dem Sommerfest. Im Nachhinein hätte ich es mir denken können. Er hat nicht wirklich viele Freunde und die Leute aus seinem Semester sind alle mitten in der Prüfungsphase. Aber trotzdem überraschte es mich, wahrscheinlich weil ich einfach ganz anders bin. Wenn etwas so unverbindlich ausgemacht ist, würde ich erstens nie alleine hingehen und zweitens auch nicht so lange warten. Mir ist auch gar nicht in den Sinn gekommen, dass er so lange wartet. Ich dachte, er wäre schon mir irgendwelchen Freunden reingegangen.
Naja, auf jeden Fall hab ich mich dann entschuldigt, dass wir uns da missverstanden haben. Und er hätte es gut sein lassen können. Aber es ist ja Hendrik. Dann ging es erst richtig hab. Nachdem er mir davor immer wieder schrieb, "ich dachte, wir machen das zusammen" (wobei mir dieses Wort "zusammen" sehr gestört hat), fing damit an, dass er so viel in unsere Freundschaft investiert und ich keine Gefühle zeige. Und das ich ihm immernoch ein Rätsel bin, obwohl er ja so gut darin ist, Leute zu durchschauen. Here we go again. Ich wurde schon öfter - insbesondere von schwachen Kerlen - als Rätsel bezeichnet. Und am Anfang lieben sie Rätsel und finden es spannend, aber wenn dann der Tornado von Charakterzügen auf sie zukommt, fangen sie an wegzurennen und sich zu verstecken. Und das ist vollkommen okay für mich. Ich brauche sie nicht. Ich weiß, dass mein Charakter komplex ist und bisher konnte dieses Packet noch niemand handeln. Und das ist ebenfalls okay. Ich finde es nur immer wieder amüsant, wenn sie danach überrascht sind. Ich meinte darauf hin, dass er bei mir an der falschen Adresse sei, wenn er irgendwelche Gefühle von mir erwartet. Ich bin nicht der Typ dafür, noch dazu, wenn ich so danach gefragt werde. Außerdem glaube ich auch, dass er nicht nur die rein freundschaftlichen Gefühle meinte. Und bezüglich des Rätsels meinte ich, dass sich daran nichts ändern wird. Und dann war er so dreist und fing an mich so analysieren. Er hat mir unterstellt, ich hätte auf jeden Fall Gefühle für ihn, was ich gewagt fand, wo ich ihm doch seine Grenzen klar aufgezeigt hatte. Am Ende eines ewig langen Textes über meine Gefühle für ihn, die in angeblichen Schutzmechanismen hängen bleiben, beendete er den Text mit: Naja, ist ja deine Sache. Darauf antwortete ich nur "Richtig". Sehr knapp, ich weiß, aber ich fand Tonis Theorie ganz plausibel. Sie meinte, er weiß ganz genau, wo meine Grenzen sind und er provoziert mich absichtlich, einfach nur, damit ich ihm überhaupt schreibe. Andererseits weiß ich nicht, ob er wirklich gecheckt hat wo die Grenzen sind. Ich fühlte mich davon so in die Enge gedrängt und mein Fluchtinstinkt kam zum Vorschein. Ich stieß ihn weg. Dann ließ er es immer noch nicht gut sein, sondern meinte, dass wir doch mal darüber reden sollten (ach, ich dachte, es ist meine Sache?!). Ich meinte daraufhin, dass ich nicht wüsste, was es zu besprechen gäbe. Ich hab ihm letzten Oktober klar gesagt, dass ich nichts von ihm will und er ist wirklich der letzte meiner Freunde mit dem ich was anfangen würde. Naomi meinte, dass er vielleicht denkt, dass ich meine Meinung noch ändere, weil das im Oktober ja sehr kurz nach der Sache mit meinem Ex war. Ich versteh Kerle einfach nicht. Wenn ich irgendwie ansatzweise was von ihm wollen würde, würde ich mich doch ganz anders verhalten. Aber gut, ich will ihm keinen Vorwurf machen, er hat auch nicht unbedingt Erfahrung mit Mädels. Nachdem ich das mit dem besprechen schrieb, kam er plötzlich wieder von meinen Gefühlen für ihn auf das Sommerfest zurück und meinte eingeschnappt, dass ich also nichts dazu zu sagen hätte, dass er mir nicht leid tut und dass er sich aus meinem Kram raushalten solle. Dann meinte er, dass er sich erstmal distanzieren würde, weil das besser für uns beide ist. Seh ich ganz genau so. Ich hab ihm dann nur noch einen Screenshot mit der Stelle geschickt, wo ich geschrieben hatte, dass es mir sehr wohl leid tut. Der Typ ist so krank. Ich sollte mich echt von solchen Psychopathen fernhalten. Aber ich will ihn auch nicht komplett ihm Stich lassen, weil er momentan fast keinen Kontakt zu seiner Familie hat und wirklich viele Freunde hat er auch nicht. Und ja, ich werde von ihm in die Muddi-Rolle gedrängt und momentan ist mir das alles zu viel. Wenn man mich in die Enge treibt, erreicht man genau das Gegenteil. Und ich verstehe nicht, warum er es nicht einfach gut sein lassen konnte. Aber gut, ich denke, dass wird sich schon wieder einrenken. Das ist einfach viel zu viel Drama für mich - vor allem, wenn es ein Kerl ist, der das Drama startet. ich versteh ja, dass er sauer wegen dem Missverständnis ist, aber ich fand es echt dreist von ihm mir irgendwelche Gefühle für ihn zu unterstellen. Naja, mal sehen. Vermutlich sehen wir uns eh bald wieder, wenn Addi seinen Geburtstag feiert. Wir werden sehen.
Okay, anderes Thema:
Ich hab heute was sehr verrücktes und wahrscheinlich auf ziemlich Dummes gemacht.
Ihr erinnert euch an meine Anziehungen bezüglich meines Tutoriumsleiters? Wir nennen ihn hier T, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.
Also: Gestern war das letzte Tutorium dieses Semesters und normalerweise geht man danach immer noch zusammen in den Biergarten. Wir waren aber nur noch zu dritt ihm Tutorium, nicht mal Toni war da (weshalb ich sie später hätte schlagen können :P). Die anderen beiden Kommolitonen meinten, sie hätten keine Zeit danach, als T fragte, wie es bei uns aussieht. Ich sagte gar nichts, weil ich komplett verunsichert war. Ich hab selbstbewusstere und wenig selbstbewusstere Tage und gestern war es auf jeden Fall letzteres. Nicht unbedingt die beste Voraussetzung dafür mit seinem Tutoriumsleiter alleine zu sein. Also fingen wir mit dem Tutorium an. Am Ende machen wir alle ein bisschen Smalltalk. Die anderen beiden Kommolitionen verschwanden sehr abrupt. Ich war gerade dabei meine Jacke anzuziehen und mich dazu zu entschließen, nicht irgendwas zu machen (obwohl Toni mich mit Nachrichten vollspamte, dass ich alleine mit ihm in den Biergarten gehen soll und mit ihm flirten soll - aber wie gesagt, ich war nicht besonders selbstbewusst gestern). Er wischte gerade hektisch die Tafel und meinte, als ich Richtung Tür gehen wollte plötzlich:"Und die Antonia ist heute nicht gekommen?" (weil wir zwei sonst immer zusammen ins Tutorium gehen und praktisch immer zu zweit rumlaufen).
Ich:"Nein, die konnte ich heute nicht motivieren. Die hat gar keinen Bock mehr auf Uni."
Dann meinte er so, dass das ja verständlich sei und dass er sich eh gefreut hat, dass heute noch welche da waren. Dann hielt er mir die Tür auf und wir führten den Smalltalk über das Tutorium, das Studium und den Schwerpunkt weiter. An der Straße fragte ich dann, wo er hin muss und wir hatten den selben Weg. Wir redeten weiter und kurz bevor sich unsere Wege trennen sollten, meine ich, dass ich in diese Richtung muss und einen Kaffee brauche, weil ich sonst einschlafe. Ich dachte eigentlich, dass er sich dann verabschieden würde und sich unsere Wege trennen würden. Falsch gedacht. Er meinte, dann trinkt er auch noch schnell einen mit. Als ich gerade meine Karte aufladen wollte, meine er:"Nein, komm, ich lad dich ein."
Ich:"Nein, ich zahl selber, aber danke."
Er:"Nein, komm jetzt!"
Ich gab nach. Ich fand das sehr nett von ihm, aber ich war auch insgesamt ein bisschen überfordert mit der Situation. Ich meine, er ist höchstens fünf Jahre älter als ich, aber er ist halt auch mein Tutoriumsleiter gewesen. Trotzdem konnte man sehr gut mit ihm reden. Wir haben uns dann rausgesetzt und weiter geredet. Über alles Mögliche: Familie, Reisen, seine Examensvorbereitung, das Studium, Arbeit, Herkunft, etc. Es war tatsächlich erfrischend, mal mit einem Mann zu reden, der sein Leben im Griff hat und trotzdem noch jung ist und irgendwie auf der selben Wellenlänge wie man selbst. Es war ein sehr nettes Gespräch. Dann fing es plötzlich an sehr dunkel zu werden, obwohl es erst fünf war. Ein Gewitter zog auf und sorgte dafür, dass wir uns verabschiedeten. Unsere Verabschiedung war etwas merkwürdig. Normalerweise hätte ich in umarmt, aber ich wusste nicht, ob das angebracht war und ich dachte mir auch, dass er der Kerl ist und wenn dann schon von ihm etwas kommen muss. Er wirkte auch ein wenig verunsichert, vielleicht hätte ich auch mein Pokerface ablegen sollen. Zum Schluss meinte er, wenn irgendwas ist, kann ich ihm immer gerne eine Mail schreiben oder ansonsten ist er auch jeden Tag in der Bib im zweiten Stock. Ich weiß immer noch nicht, ob er das einfach aus Höflichkeit und Verantwortungsbewusstsein gesagt hat. Es fing an zu schütten und zu hageln und ich ging zurück zur Arbeit. Erst dort fiel mir siedend heiß ein, dass ich mich gar nicht für den Kaffee bedankt hatte. Und das war mir super unangenehm, weil ich so eigentlich gar nicht bin und unter keinen Umständen will, dass jemand denkt, dass ich sowas für selbstverständlich nehme und nicht als nette Geste zu schätzen weiß (auch wenn es mir etwas unangenehm ist).
Ich arbeitete noch eine Stunde und dann traf ich mich mit Franzi zum Essen. Sie meinte sofort, ich soll ihm eine Email schreiben und mich für den Kaffee bedanken. Ich war mir unsicher. Ich bin normalerweise eine Passivjängerin. Das heißt: ich jage nicht aktiv Kerlen hinterher und nein, ich bin auch nicht nur das Wild, das gejagt wird. Ich brauch ein bisschen Spannung, ein Kerl - wie Hendrik - zum Beispiel, der sofort zurückschreibt und von Anfang an viel zu sehr bemüht - verliert schnell mein Interesse. Und genau diese Art von Jungs mochte ich schon immer: die Mr. Darcy's, die Staubfinger, die Patrick Veronas dieser Welt. Für Sonnyboys hatte ich nie wirklich was übrig. Aber ich schweife ab. Auf jeden Fall ist es überhaupt nicht mein Ding irgendeinem Kerl hinterher zu jagen. Aber Franzi kam dann mit ihrer Motivationsrede, dass mein Schicksal selbst in die Hand nehmen müsse, dass ich so wenigstens weiß, woran ich bin, etc. Und am Ende des Abends ließ ich mich dann tatsächlich überzeugen. So untypisch für mich. Ich schickte Toni, Ina und Naomi zwei Entwürfe der Formulierung der Email. Es kamen komplett unterschiedliche Meinung dabei raus, aber Toni toppte es natürlich. Sie meinte, sie würde mir heute in der Vorlesung sagen, was sie am Besten findet.
Ich traf Toni heute schon zufällig auf dem Gang, zusammen gingen wir zur Vorlesung.
Der Prof war noch nicht da, ich zog gerade meine Jacke aus, als sie sagte:"Du schreibst ihm gar keine E-Mail - du gehst heute in die Bib, wo er immer ist und gibst ihm deine Handynummer!"
Ich war erst mal baff. Ich musste mich gestern schon überwinden und jetzt sollte ich drei Mal so mutig sein und das machen? Etwas was gar nicht meine Art und absolut nicht passivjägerisch ist? Puhh
Ich war zuerst total dagegen. Ich mein, ich ließ mich ja gestern schon überzeugen, ihm eine Mail zu schreiben, aber Toni muss natürlich immer noch eine Monsterkirsche auf's Sahnehäubchen setzen.
Das Ding ist auch: ich bin ein Kontrollfreak. Überhaupt nicht bezüglich anderen, aber sehr hinsichtlich meiner selbst. Ich liebe es mich auf Dinge einzustellen, zu planen und zu wissen, was auf mich zukommt. Und ich habe nicht nur immer einen Plan B sondern sogar einen Plan C und D. Nur für alle Fälle. Deswegen bevorzuge ich es auch bei Kerlen die Oberhand zu behalten. Ich habe nie irgendeinen Kerl gejagt. Wenn ich jemanden mochte, war ich zwar höflich und freundlich, aber mehr war von meiner Seite nicht zu erwarten. Ich weiß nicht genau warum. Kontrolle, Schüchternheit, hohe Ansprüche. Das wäre dann praktisch das erste Mal, dass ich so forsch und aktiv auf einen Kerl zugehen würde. Hab ich dann noch die Oberhand? Im Endeffekt überlass ich ihm dadurch ja wie oder ob es überhaupt weiterläuft. Einerseits könnte ich mich dadurch entspannt zurücklehnen, aber das bin ich irgendwie nicht. Ich möchte selbst die Kontrolle darüber behalten. Deshalb bevorzuge ich es auch sehr viel lieber, wenn Kerle mir ihre Nummer geben. Aber man soll ja offen für Neues sein. Und ich will diesen Sommer so viele Erinnerungen wie möglich schaffen. Die beste Zeit um Single zu sein ist genau jetzt. Und ich nutze diese Zeit vielleicht nicht ganz so wie ich sollte oder könnte. Klar, ich geh oft feiern, mach viel mit Freunden und hab eine wirklich tolle Zeit. Aber was Kerle angeht herrscht momentan echt tote Hose. Liegt natürlich auch daran, dass ich gewisse Ansprüche habe und einfach schon vorher aussortiere. Ich will unter keinen Umständen etwas Festes, aber ein bisschen Spaß würde mir gut tun. Und nein, ich melde mich nicht auf Tinder an. :D Dafür bin ich zu konservativ. Und zu paranoid. :P Was ich sagen wollte, ist, dass obwohl ich mein Horizont, was mein Beuteschema betrifft, zwar auf jeden Fall erweitert habe, aber trotzdem ist es nicht ganz so leicht, Kerle zu finden, die ich wirklich gut finde. Okay, die letzten Monate hab ich auch gefühlt nur in der Uni verbracht und in meinem Semester sind nicht unbedingt die männlichsten Männer - im Gegenteil.
Ich schweife schon wieder ab. :D
Ich war nicht bereit, die Kontrolle so aus der Hand zu geben, noch dazu, wenn von seiner Seite nicht wirklich Andeutungen kamen. Aber vielleicht ist das genau etwas, was man einmal im Leben gemacht haben muss?
Toni zeigte keine Gnade. Sie war kurz davor eine Abstimmung auf Jodel zu machen.
Ihre Argumente:
- was du von gestern erzählt hast, ist da auf jeden Fall was
- er hätte nicht mitkommen müssen und er hätte sich auch viel schneller wieder verziehen können
- er hätte deinen Kaffee nicht bezahlen müssen
- ihr wart im Tutorium auch schon immer so in eurer "Zone"
- sonst weißt du nie woran du bist
- sonst hätte er dir nicht so genau gesagt, in welches Bib er immer ist
- selbst wenn es nichts wird warst du wenigstens mega mutig
- so was muss man einmal gemacht haben
- Kerle finden das super, wenn das Mädel den ersten Schritt macht (Toni hat im Spätsommer letzten Jahres genau so einem Typen in einer Bar ihre Nummer gegeben - aus ihnen ist aber nichts geworden)
Ich hab dann nochmal Franzi, Ina und Naomi und Rat gefragt, weil ich mir einfach total unsicher war. Wieder waren die Meinungen gemischt.
Bedenkt: Während wir die ganze Zeit diskutierten, lief schon die Vorlesung.
Toni fing schon an einen Zettel zu falten, meine Nummer darauf zu schreiben + "Danke für den Kaffee :)"
Dann zeriss sie den Zettel und riss nur ein Stück aus ihrem Block raus, weil es sonst "zu geplant" rüber kommen würde.
Ich war immer noch am Hin und Her überlegen, aber Toni bearbeitete mich durchgehend.
Wir beschlossen dann die Vorlesung, aus der wir nichts mitgenommen hatten, Vorlesung sein zu lassen und rüber ins das Gebäude zu gehen, wo sich die gewisse Bib befand.
Wir wollten erstmal schauen, ob er überhaupt da war - wenn nicht, wäre das Schicksal auf meiner Seite und ich würde die Vision mit der E-Mail nehmen.
Wir setzten uns auf eine Bank um die Ecke vom Eingang der Bib. Nach ewigen Diskussionen, sprang Toni auf und meinte sie "checkt jetzt mal die Lage". Ich blieb auf der Bank sitzen, während sie um die Ecke flitzte. Ich dachte, das Schicksal wäre vielleicht doch auf meiner Seite. Aber nach zehn Sekunden bekam ich eine Nachricht von Toni:"Er ist da! Er sitzt am Fenster!"
Und ich dachte mir nur: fuuuuuck.
Und schon war sie auch wieder zurück. Sie sprühte vor Aufregung und Vorfreude. Und mein Puls fing an Überstunden zu machen.
Ich:"Ich brauch einen Shot!" Mit Alkohol würde ich nicht so viel darüber nachdenken.
Sie:"Nein, du gehst da jetzt rein! Ich hab kurz so getan, als würde ich was an den Regalen schauen und bin dann wieder raus. Und er hat mich nicht gesehen."
Ich:"Alter, ich kann das nicht."
Sie:"Klar kannst du das! Du siehst Bombe aus, als würde der dir einen Korb geben! Schau dich mal an!"
Als ob es nicht schon genug war, dass ich mega nervös war, musste sie mich auch noch verlegen machen. Nein, ich fand es ja total süß, dass sie sich so für mich einsetzt! Und vielleicht war das Karma. Ich hab sie nämlich damals auch überredet, dem Typ in der Bar ihre Nummer zu geben.
Trotzdem war ich so nervös. Einfach weil ich nicht wusste, woran ich war und ob das nicht alles total idiotisch und dumm ist.
Ich:"Können wir kurz runter ins Café gehen, dann trink ich noch ein Bier."
Sie:"Sabrina, du brauchst kein Bier!!! Du machst das jetzt! Ansonsten kann ich auch für dich reingehen und ihm deine Nummer geben."
Ich:"Ne, das wäre nicht so gut glaub ich. Ich bin zwar ein Schisser, aber das muss er ja nicht gleich erfahren."
Sie:"Okay, dann geh da jetzt rein!"
Ich:"Mädel, du machst mich fertig!"
Und ausgerechnet heute hatte ich mir nicht allzu viel Mühe mit meinem Aussehen gegeben, weil ich dachte, ich würde nur für eine Vorlesung und eine AG in die Uni gehen. Bad-Hair-Day hatte ich außerdem. Zumindest hatte ich hohe Schuhe an, das machte sie Sache etwas besser.
Ich beschloss mit meinen Kopfhörern auf einem Ohr Musik zu hören, während ich rein ging. Meine Hände zitterten als ich das Kabel einsteckte. Ich machte "Hey Porsche" an und versuchte ein paar Mal tief durchzuatmen. Toni redete währenddessen weiter auf mich ein, wie schon seit der Vorlesung.
Und ich dachte mir: Wenn ich es nicht mache, werde ich mich vielleicht fragen - was wäre wenn?
Better oops than what if.
Und so besprach ich ein letztes Mal mein Vorgehen mit Toni, stand auf und ging los.
Die Tür zur Bib drückte ich erstmal zu, anstatt sie aufzuziehen. Typisch ich. :D Ich ging in den Raum, scannte und sah ihn ganz hinten am Fester. Weil ich die Tür schwungvoll zugeschlagen hatte, sahen mich schon alle an. Jaja, ich war ein böser Störfaktor. T bekam davon nichts mit, weil er Kopfhörer aufhatte. Ich bahnte mir den Weg durch die Tische und vorbei an einem Stuhl, auf dem ein Kerl seine nackten Füße platziert hatte.
T sah mich erst im letzten Moment, also erst als ich neben ihm stand. Er riss sich schwungvoll die Kopfhörer vom Kopf und meinte:"Heyy!"
Ich:"Hey."
Er wollte irgendwas sagen, aber ich schob ihm nur ganz subtil den zusammengefalteten, aber dennnoch abgerissenen Zettel auf den Toni meine Nummer und den Satz geschrieben hatte hin, meinte "Viel Spaß noch" (ich meine so was wie "danke!" von ihm gehört zu haben) und stolzierte so selbstbewusst wie möglich aus der Bib. Ich will gar nicht wissen, was sich die Aufsicht gedacht hat, als erst Toni zehn Sekunden drin war und dann ich zehn Sekunden.
Meine Hände zitterten immernoch, als ich wieder zu Toni um die Ecke ging.
Sie faltete ihre Klausur zusammen und meinte:" Du warst ja schnell, ich konnte gar nicht meine Klausur lesen! UND?????"
Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, was ich gesagt hab.
Aber sie ist daraufhin aufgesprungen und hat eine Mischung aus Indianer- und Freudentanz veranstaltet.
Sie ist komplett ausgerastet, meinte, sie ist so stolz auf mich und omg und alles. :D
Dann nahmen wir schnell unsere Taschen, weil wir kurzzeitig Paranoia hatten, dass er aus der Bib kommen würde und uns inflagranti erwischen würde und dann wäre meine vorgetäuschte ach so spontane Coolness natürlich dahin. :P
Wir griffen unser Zeug, und rannten in die entgegengesetzte Richtung die Treppe runter. Wir winkten noch kurz Eric, einem Typen aus meiner Arbeit und verließen zügig das Gebäude. Wir wechselten die Straßenseite und gingen im anderen Gebäude zu unserem AG-Raum. Toni führte ein weiteres Argument auf und meinte, er ist in der Examensvorbereitung bestimmt total unterv*gelt.
Ich wusste nicht was ich von der Sache halten soll. Das Adrenalin schoss immer noch durch meine Venen und obwohl es mittlerweile Mittags war, verspürte ich deshalb kein Hungergefühl.
In der AG haben wir Julia alles erzählt, die es total gefeiert hat und die Situation ähnlich hoffnungsvoll sieht wie Toni.
Toni hat übrigens im Sommer vor einem Jahr ihre Nummer einem AG-Leiter gegeben, der sich dann aber nie gemeldet hat.
Julia hat genau zu diesem Zeitpunkt ihre Nummer auch einem anderen AG-Leiter gegeben, aber der hatte leider eine Freundin.
Ich sollte mir also wohl nicht allzu große Hoffnungen machen.
Ich bin schon irgendwie stolz auf mich, dass ich es (mit viel Druck von und eigentlich nur mit Unterstützung von Toni) durchgezogen habe, aber ganz wohl fühl ich mich nicht. Ich weiß, ich sollte das total entspannt sehen, aber das ist nicht ganz so leicht für einen Kontrollfreak. :D
Je länger ich darüber nachdenke umso mehr komm ich zu dem Schluss, dass das eine idiotische Idee war und es ist mir sehr unangenehm. Ich war heute sogar laufen um das zu verdrängen. Ich hasse es in dieser Schwebe zu sein. Das ist einfach nicht meine Natur.
Mittlerweile denke ich auch nicht, dass etwas von ihm kommen wird. Und das ist auch okay so, ich mein, ich finde ihn ja nur anziehend und ganz cool.
Wir werden sehen, aber ich versuche mir keine Hoffnungen zu machen, dass irgendwas von ihm kommt.
Naja, das war also bisher eine ziemlich aufregende Woche - für meine Verhältnisse.
Morgen treff ich mich mit Chris am See, mal schauen, was er dazu sagt.
Am Freitag gehen wir Mädels feiern und ich versuche das Prinzip aus Traumfrauen zu verwirklichen. T ist nur Nagellack Numero uno. So bewahr ich mich vor irgendeiner emotionalen Verwicklung für die ich weder Zeit noch Lust darauf habe.
Bin gespannt, wie der Sommer so wird.
Bis bald!
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