Dienstag, 4. September 2018
I can see the future in panaromic view
Hey ihr Lieben!

Es gibt so viel zu erzählen, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
Ich bin letzte Woche aus dem Urlaub wiedergekommen. Es tat so gut, endlich mal auszuschlafen, den ganzen Tag am Strand zu iiegen, nachzudenken und zu lesen.
Ich fühle mich so verbunden zu dieser kleinen italienischen Insel. Vielleicht weil ich als Kind dort fast jeden Sommer verbracht habe. Oder vielleicht weil generell ein Platz in meinem Herzen nur für italienische Städte reserviert ist.
Ich habe diesen Sommer angefangen einige Klassiker zu lesen. Stolz und Vorurteil, Harry Potter (ja, es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich Harry Potter lese und ich finde es grandios) und gerade bin ich am Großen Gatsby dran. Momentan bin ich auch irgendwie so wissensbegierig, dass ich lauter Dokumentationen anschaue.
Natürlich hab ich mich wie jeden Sommer mit den italienischen (und sehr dünnen) Straßenkatzen angefreundet und ich hätte am liebsten jede von ihnen mit nach Hause genommen. Ich fühlte mich sehr im Einklang mit mir selbst, mit der Insel (so komisch es auch klingen mag).
Ich konnte endlich so viel nachdenken und obwohl ich immer noch mitten im Prozess bin was mein Selbstbewusstsein angeht, ist mir so sehr bewusst geworden, wie sehr sich mein Leben seit der Trennung verbessert hat. Ich bin so frei. Ich würde nie sagen, dass er mich angekettet hat - metaphorisch gesprochen -, aber vielleicht hab ich mich irgendwie selbst angekettet? Nicht an ihn, aber an seinen kleinen Horizont. Ich war nicht sauer, als ich aus seiner Tür ging. Ich war frei. Ohne zu wissen, zu realisieren, dass ich zuvor gefangen war.

Ich wollte auch noch von meinem Praktikum erzählen.
Ich hatte anfangs Bedenken, weil das der Beruf ist, den ich seit der vier Jahren mal mehr, mal weniger vor Augen hab. Ich hatte Angst, dass meine Erwartungen daran zu hoch wären und dass ich enttäuscht werden würde.
Das Gegenteil ist passiert. Es. ist. geil. Es ist so spannend, die Kollegen sind so jung, so motiviert und werden dennoch immer so unterschätzt und als faul abgestempelt.
Ich saß in einem Raum mit Vergewaltigern, Dieben, Betrüger und sogar Mördern.
Ich dachte, dass mich dass sehr belasten würde, aber so war es nicht. Klar, ich hab den Vergewaltiger angeschaut und mir "Du Bastard" gedacht, aber es hat mich psychisch nicht so beschäftigt, wie ich es eigentlich erwartet hätte. Vielleicht, weil das Opfer sehr stark war und nicht geweint hat und die Tat auch eine Dekade zurückliegt. Vielleicht auch, weil ich nicht von Anfang an bei dem Fall dabei war.
Was den Mord anging, war es ein bisschen anders.
Der Fall hat mich von Anfang an sehr beschäftigt. Als ich die Anklageschrift inklusive der ganzen grausamen Details gelesen hab, war ich erstens schockiert, zweitens enttäuscht von der Presse, die das Ganze nicht so rüber gebracht hat.
Wenige Tage später war ich im Gericht. Es war nicht mein erster Augenkontakt mit einem Mörder. Mein Blutdruck und meine Wut stiegen und ich versuchte ihn so böse anzuschauen wie ich nur konnte - auch wenn ihn das wahrscheinlich überhaupt nicht gejuckt hat. Er war kaum älter als ich und ich fragte mich erneut wieviel in der Kindheit und Erziehung falsch laufen muss/kann um solche Monster zu erschaffen. Wobei ich auch sagen muss, dass ich denke, dass jeder Mensch zum Mord fähig ist. Es schockierte mich, als ich sah, dass er gar nicht so psycho dreinschaute wie auf den Zeitungsbildern. Und ich konnte es nicht fassen, als er vor der Verhandlung lachend im Gerichtssaal hockte, die Hand einer Mitarbeiterin küsste, eine charismatische und einnehmende Ausstrahlung hatte und mit seinen Textmarkern Dinge auf seinem Blatt markierte. Nachdem er das Leben von so vielen Menschen zerstört hat. Ich war fassungslos, schockiert und wütend zugleich. Ich konnte diese Form der Kaltblütigkeit nicht verstehen.
Die Verhandlung an sich war hochinteressant. Ich kann es nur jedem empfehlen ab und an mal ins Gericht zu gehen. Es ist so interessant, facettenreich und bereichernd. Es regt auf jeden Fall zum Nachdenken an und man kommt mit den unterschiedlichsten Menschen in Berührung.
Ein Kollege von mir hat was ziemlich Kluges gesagt:"Es kann ziemlich schwer sein, jemanden geplant zu umzubringen. Aber es passiert oft so schnell, dass jemand versehentlich getötet wird."
Ich bin also nach wie vor davon überzeugt, dass ich diesen Beruf erlernen möchte. Natürlich hab ich noch einen sehr langen Weg vor mir und ich kann meine Meinung jederzeit ändern. Aber ich würde mir wünschen, dass dieses Land ein wenig sicherer würde. Und wenn ich irgendwann nur dazu beitragen kann, dass jemand seine gerechte Strafe bekommt, ist es die ganze Zeit des Studiums wert.

Ich bin diesen September in vier verschiedenen Ländern. Ich weiß, das ist ein bisschen viel auf einmal, aber es hat sich alles so ergeben und ich freue mich sehr. Reisen ist so bereichernd. Obwohl ich es natürlich auch immer liebe, wieder nach Hause zu kommen. Denn hier ist mein Herz verankert - so sehr ich auch andere Städte in mein Herz geschlossen hab.
Ich muss sagen, dass ich ein bisschen Bedenken habe, was die Reise mit Chris nach Barcelona angeht. Natürlich, sobald ich wieder Single bin, dichtet man mir eine Beziehung mit Chris an, aber so ist es nicht. Wir werden in Barcelona in einem Doppelbett schlafen. Ich würde nie irgendwas tun, um unsere Freundschaft zu gefährden, aber ich kann auch seine Intentionen momentan nicht einschätzen. Ich hoffe einfach, dass alles gut läuft. Vor allem auch, wenn ich introvertiert werde, weil ich nachdenklich bin und Zeit für mich brauche. Wir werden sehen.

Was ich noch erzählen wollte: Ich hatte ja mal gesagt, ich würde nie wieder was mit jemandem anfangen, der jünger ist als ich. Ha ha.
Naja, ich war vor ein paar Wochen mit Ina, Vroni und Macy feiern und dann hab ich mit so einem Typ getanzt (Timtomjanjohn - keine Ahnung, wie er hieß - irgendwas kurzsilbiges) und ich dachte, er wäre Mitte zwanzig. Wie ich drauf komme? Nun ja, eineinhalb Köpfe größer als ich, Bart, selbstbewusst und tatsächlich endlich mal jemand der beim Tanzen ein bisschen mithalten konnte. Als er mir dann eröffnete, dass er zwei Jahre jünger als ich war, konnte ich es nicht glauben. Er hat mir immer mal wieder diesen Blick zu geworfen, ihr wisst schon, so kurz vorm Kuss. Aber ich hab ihn immer ganz erwachsen von mir geschubst, ihn frech angegrinst und weiter getanzt. Denn das muss man ihm lassen: tanzen konnte er. Und das war tatsächlich mal erfrischend.
Kurz bevor Ina, Vroni und Ich den Club verließen (Macy hat uns schon ein paar Stunden zuvor verlassen, nachdem sie was mit zwei Typen hatte) hab ich ihn dann doch geküsst. Nicht so krass. Ich weiß auch nicht warum. Ich hatte Bock drauf und es war mir egal. Er hat mir zwar noch mal geschrieben und meinte, dass er sich treffen will, aber ich hab ihm klar gemacht, dass das keine gute Idee ist, weil ich nicht auf der Suche nach irgendwas bin. Das war eine einmalige Sache für mich und Ende. Übrigens hab ich mich im Club die ganze Zeit so wie Tanja aus Mamma Mia gefühlt. Und dann am nächsten Tag aus "Does your mother know" in Dauerschleife gehört.

Oh à propos. JULIA HAT EINEN FREUND! Ja, die Julia aus der einen Nacht. Und ja, die Julia, von der ich dachte, sie hat Gefühle für Jonas (was ich auch immer noch glaube). Sie meinte zwar immer, sie wolle keine Beziehung, aber ich glaube, irgendein Teil von ihr hatte diese ganzen lockeren Affären satt und sehnte sich nach etwas Liebe. Aber es ging so schnell. Die beiden kannten sich glaub ich erst drei Wochen und er ist ihr Arbeitskollege. Ich hatte anfangs ein bisschen meine Zweifel, weil sie sofort bei ihm eingezogen ist (übrigens verlässt sie die Stadt jetzt übrigens nicht), er ihr sein Auto geschenkt hat und alles ein bisschen einen Sugar-Daddy/50-shades-of-grey-touch hatte. Aber im Endeffekt muss jeder für sich selbst entscheiden wie er seine Beziehung führt und solange sie glücklich ist, ist mir der Rest egal. Ich hab noch nicht mit ihr persönlich gesprochen, aber ich wollte mich demnächst mal mit ihr treffen und mir die ganze Situation aus der Nähe ansehen. Bin schon sehr gespannt!

Oh und was die Situation mit meinem Tutor T angeht: Er meinte, dass er in festen Händen ist. Anfangs war mir das Ganze sehr unangenehm, weil es ein vollkommen neues Terrain für mich war und ich noch nie so forsch einem Mann hinterhergejagt habe, aber schlussendlich hat diese Erfahrung außerhalb meiner Komfortzone zum Aufbau meines Selbstbewusstseins beigetragen.

Ich wollte diesen Sommer so viele Erinnerungen wie möglich schaffen und ich hätte nicht gedacht, dass sich das so gut in die Tat umsetzen lässt.

Ansonsten gibt's nicht viel Neues. Ich fliege dieses Wochenende in eine französische Stadt und besuche Marlene. Ich freue mich schon so sehr!

Ich muss los, bis dann! :*

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