Mittwoch, 1. Dezember 2021
Only 20 minutes to sleep but you dream of some epiphany
"Ich will einfach nur gesund sein. Ich will einfach nur leben."
Weinend am Telefon, er bat mich zu beten.
Das kann nicht das Ende sein. Das ist nicht möglich. Er ist Anfang zwanzig.
Ich wollte die Abwägung von Suizid und Sterbehilfe nicht hören, aber ich bat ihn, mir seine Gedanken dazu mitzuteilen, weil ich wusste, dass es ihm hilft. Die Tränen liefen mir über das Gesicht, als er den Suizid aus Liebe zum Leben ausschloss.
Das ist nicht das Ende. Er wird wieder gesund. Und er wird das Leben leben, das er die letzten Jahre verpasst hat.

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Only blue talk and love
Irgendwas zwischen wütend, genervt, verwirrt, ruhig und zufrieden.
Angesichts der aktuellen Situation bin ich ziemlich wütend und genervt. Meine Geduld ist am Ende. Mein rebellischer Charakterzug kam zum Vorschein und nahm kurzzeitig so überhand, dass ich feierlich verkündete, dass ich mich nicht mehr einschränken werde und es mir egal wäre, wenn Ungeimpfte sterben. Ganz nach Charles Darwin.
Als sich mein Gemüt wieder beruhigte, erkannte ich, dass dem nicht so war. Es würde zu einer sensiblen Person auch nicht passen. Ich dachte an die Krankenschwestern, Pfleger und Ärzte. Und an die Geimpften, die aufgrund unglücklicher Umstände ebenfalls auf den Intensivstationen liegen und sterben.
Das sind die einzig beiden Faktoren, die mich dazu brachten, mein soziales Leben erneut herunter zu fahren. Nicht dass ich gerade viele Aktivitäten zur Auswahl hätte.
Ein letztes Mal mach ich das noch mit, dann muss die absolute Impfpflicht kommen. Anders geht es nicht. Und die Schulden, die durch diese scheinbare Tatenlosigkeit verursacht werden, trägt meine Generation. Ja moin.
Auch wenn ich mich verarscht fühle - ich habe mich schließlich monatelang komplett isoliert und nicht einmal Freunde getroffen - geb ich der Gesellschaft noch eine Chance. Es nervt, ist ungerecht und frustrierend, aber es ist das einzig Vernünftige. Wobei man daran auch wieder zweifeln könnte, wenn man vor den Toren geschlossener Unis und Bildungseinrichtungen steht, sich abends aber ein Fußballspiel anschaut, bei welchem sich die Zuschauer auf den Tribünen tummeln. Wie ambivalent ist es, den Fußball der Bildung vorzuziehen.
Meine Frustration erreichte mit der Bekanntgabe der neuen Mutation ihren Höhepunkt. Für einen Augenblick überlegt ich, ob ich überhaupt eine Zukunft hatte. Meine Vorstellung vom Ende der Menschheit gleicht sich zwar nicht mit dem einer Pandemie, aber im biologischen Bereich sind meine Überlegungen laienhaft.
Vielleicht braucht Deutschland auch ein Trauma, wie es Italien, Spanien und Portugal bereits hatten. Oder einfach mehr Tatendrang, so wie Macron.
Ich war meistens ziemlich stolz auf Deutschland, aber das was gerade abgeht, ist einfach nur peinlich. Gut, dass es Österreich, Großbritannien und die USA gibt, sonst würde die Bundesrepublik Deutschland den ersten Platz im Kampf um die Peinlichkeit belegen.
Dennis nannte es heute:"Ich habe das Gefühl, dass nur auf die Idioten Rücksicht genommen wird." Ich glaube, es fühlen sich viele gerade so.
Außerdem bin ich ein bisschen verwirrt. Felix (nicht einer meiner besten Freunde, sondern der, den ich eher oberflächlich kenne) hat beim Schreiben in letzter Zeit immer Mal wieder so Andeutungen gemacht. Ich hab sie auf den Alkohol und zur Seite geschoben. Er lud mich zum trinken in seine WG ein, was freundschaftlich sein könnte, aber als ich ihm absagte, fragte er mich, ob ich mit ihm spazieren gehen wollte. Puh. Wollte ich? Felix ist nett und witzig, aber wie immer gleicht meine platonische Grenze eher einer Schlucht. Unüberwindbar. Vielleicht habe ich bei seiner WG-Einweihungsparty vor ein paar Wochen ein bisschen zu sehr aus dem Nähkästchen geplaudert. Ich hab Bier mit Shots gemischt, wie immer keine gute Idee. Deshalb redete ich auch so offenherzig. Er will wahrscheinlich nur wissen, was hinter der großen Klappe steckt.
Puh, keine Ahnung, ob ich mit ihm spazieren gehen will. Spazieren gehen heißt reden. Will ich das? Ich will eher Freundschaft. Mal sehen.
Auch wenn mein Selbstbewusstsein noch nicht am Höhepunkt angekommen ist, rede ich mir einfach ein, dass ich selbstbewusst bin. Dass ich die Aufmerksamkeit liebe (obwohl ich sie hasse). Dass es mir nicht widerstrebt, angeschaut zu werden. Es ist nicht leicht, aber ich kreiere die Realität, in der ich lebe. Wenn ich es mir oft genug einrede, glaube ich es irgendwann. Mein Selbstwertgefühl gibt mir eine innere Ruhe und Zufriedenheit, die ich nicht eintauschen möchte. Obwohl das kein Zustand der Dauerhaftigkeit ist. Ich fühle so viele Dinge gleichzeitig.
Aber nach einer anfänglichen Aggression und Resignation aufgrund dieser seltsamen Pandemie, die mich an meiner Entwicklung hindert, versuche ich mit Vertrauen in die Zukunft nach vorne zu schauen und mich nicht unter den Deckmantel der winterlichen Depression zu flüchten. Es wird bestimmt Hoch- und Tiefpunkte geben, aber es ist immerhin ein guter Vorsatz, wenn die Pandemie ohnehin außerhalb meiner Macht liegt.

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