Donnerstag, 1. Oktober 2020
If heaven is anywhere it's in a blue tacoma
Ich habe vorgestern meine Klausur geschrieben.
Als ich den Sachverhalt las, dachte ich:”Och ja, das ist machbar.”
Dann fing ich an zu schreiben und fand es überhaupt nicht mehr machbar. Die Klausur ließ den eigentlichen Hauptteil komplett weg und behandelte nur Nebengebiete. Ich geriet unter Zeitdruck.
Als es vorbei war, fühlte ich mich komisch.
Irgendwie befreit, aber trotzdem angespannt.
Obwohl ich nicht ganz zufrieden mit meiner Leistung war, durchströmte mich ein Lebensgefühl.
Ich redete kurz mit Julia, die auch die Klausur geschrieben hatte. Dann verabschiedete ich mich, steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren und hörte “Perdu”. Zum ersten Mal seit Langem konnte ich die Musik wieder so genießen, dass ich mich komplett von ihr einnehmen lies.
Auf dem Weg zum Bus hörte ich mir die Sprachnachrichten und Nachrichten an, die ich bekommen hatte. So viele Leute haben mir Glück gewünscht. Ich bin so dankbar. Ich habe so tolle Menschen in meinem Leben, die bedingungslos für mich da sind. Mein Herz war von Liebe erfüllt.
Ich hörte “the 1” als ich in die Straße einbog, in der Pietro einst wohnte.
~ “I’m doing good, I’m one some new shit”
~ “You know the greatest films of all time where never made”
~ ”If you never bleed you’re never gonna grow and it’s alright now”
~ “But it would’ve been fun if you would have been the one”
~ “If one thing had been different, would everything be different today?”
~ “And it would have been sweet if it could have been me”
Nicht mal die ungewöhnlich lange Zeit, die ich dank der öffentlichen Verkehrsmittel zur meiner Wohnung brauchte, konnte meine Erfüllung mindern.
Ich war vermutlich noch nicht ganz in der Realität angekommen.
Das bin ich heute auch noch nicht.
Der Tag, an dem ich meine Klausur schrieb, fiel mit dem Tag zusammen, an dem ich endgültig aus meiner Wohnung auszog.
Julias Mietvertrag war abgelaufen und somit auch meiner.
Die letzten Wochen in der Stadt waren nicht besonders schön. Ich verabscheute die Menschenmassen, öffentliche Verkehrsmittel und Menschen, die mich an der Ampel mit ihrem Zigarettenrauch vollqualmten. Mein soziales Leben hatte ich ziemlich herunter gefahren, ich redete kaum mit Menschen und war voll und ganz auf das Lernen fokussiert.
Die steigenden Coronazahlen taten meiner Abneigung keinen Abbruch. Ich wollte einfach nur raus aus der Stadt. Ich wollte meine Ruhe, morgens laufen gehen, die Natur genießen und von frischer Luft umgeben sein.
Dennoch wusste ich, dass ich die Stadt vermissen würde. Aber dank Corona hat sie an Lebenswert verloren.
Ich werde es vermissen, abends in den Gottesdienst zu gehen und danach zu meiner Musik an den prächtigen, hell beleuchteten Bauten der Stadt vorbei zugehen. Momente, in denen ich mich vollkommen auf mich selbst konzentrierte. In denen es nur mich und meine Musik gab. In denen ich mich in Fantasien verlor.
Ich habe über eineinhalb Jahre in der Stadt gewohnt und habe nicht mal ansatzweise alles gesehen, was ich sehen wollte. Es gibt so viele Dinge, die nicht noch erleben und entdecken will. Corona macht das ein wenig schwierig.
Aber: Alles passiert aus einem Grund und alles passiert genau zur richtigen Zeit.
Ich habe Vertrauen in die Zukunft, auch wenn ich weiß, dass es mit Herausforderungen verbunden sein könnte.
Ich fuhr zu meiner Wohnung, räumte alles aus, hörte Musik, tanzte und fing an zu putzen. Julia kam später dazu und half mir. Wir brachten meine Sachen aus der Wohnung, filmten ein letztes Video und gaben den Schlüssel ab. So richtig realisiert habe ich es noch nicht. Es kam so viel zusammen. Es gibt einige Dinge, die ich noch verarbeiten muss.
Die Wohnung war perfekt. Die Nähe zur Uni, die Größe, die Lage. Ich weiß noch, wie unsicher ich war, als ich eingezogen bin. Ich hatte die Befürchtung, dass ich mich einsam fühlen würde. Das tat ich. Aber nicht in diesem Ausmaß, wie ich es befürchtet hatte. Ich lernte, dass ich sehr viel Zeit für mich alleine brauchte.
“Whoever gives you the most peace should get the most time.”
Das bin ich. Wenn ich im Reinen mit mir selbst bin, gebe ich mir den meisten Frieden. Auch wenn ich sagen muss, dass meine Freunde kurz danach kommen. Ich höre öfter von Macy, dass ich so ausgeglichen wirke.Ich dachte mir:”Du machst das aus mir.” In Gegenwart meiner Liebsten, ein Ort der Sicherheit, fühle ich Frieden in mir selbst.
Ich habe mich definitiv weiter entwickelt in den letzten eineinhalb Jahren. Ich bin selbstsicherer geworden, vertraue mehr in Gott, in mich selbst und habe das Selbstwertgefühl bekommen, das mir immer ein wenig gefehlt hatte.
An der Wohnung hängen einige Erinnerungen. Ich weiß noch, als Julia noch darin gewohnt hat und wir beim Vorglühen P*nisse mit Edding an ihren Kühlschrank malten, die sie später nicht mehr weg bekam. Der Kühlschrank ging im Sommer darauf kaputt und der Hausmeister brachte einen neuen, weshalb das nie zum Problem wurde. Ich erinnere mich an die vielen Abende, als ich mit Vroni und Ina dort vorgeglüht habe. Wokda-O, Gaston, tanzen, lachen. An unsere langen, wodkahaltigen Nächte, tanzen bis zum Umfallen, rumknutschen, Spaß haben, das Leben lieben.
Ich erinnere mich an die tiefsinnigen Gespräche, die ich mit Franzi auf meinem Balkon geführt hatte. Ihre bedingungslose Unterstützung, ihre Begeisterungsfähigkeit.
Ich erinnere mich, wie Toni und ich ein Powernap machten, bevor wir zur jährlichen Semesterparty gingen.
Ich erinnere mich daran, wie Max meine Badezimmertüre wieder einrenkte, die sich aber trotzdem immer wieder aushakte.
Ich erinnerte mich, wie ich zwei Mal pro Woche durch die Wohnung tanzte und die Musik fühlte.
Ich erinnere mich an das Kochen mit Macy und die tiefsinnigen Gespräche, die meinen Horizont erweiterten.
Ich erinnere mich an meine Einweihungsparty, an der ich sternhagelvoll war.
Ich erinnere mich an Polariods, die ich behalten habe, aber verdeckt in meine Schreibtischschublade gelegt hatte.
Nächte, in denen ich nicht viel geschlafen hatte, weil ein 90cm-breites Bett nur für eine Person ausgelegt ist.
Die Wohnung war oft ein Inbegriff der Jugend. Ich werde sie vermissen.
Was ist in den letzten Monaten alles passiert?
Nun, den Hauptteil meiner Zeit habe ich mit Lernen verbracht. Ich bin um fünf Uhr aufgestanden, in die Arbeit gefahren und habe gelernt und gelernt, Probleklausuren geschrieben, Fälle gemacht und stapelweise Karteikarten beschriftet.
Ab und an hatte ich ein soziales Leben.
Im Juni oder Juli feierte Felix seinen Geburtstag. Es war echt schön, alle mal wiederzusehen. Fabi war ziemlich betrunken und brachte das Gespräch immer wieder auf Pietro. Ich lernte zwei Mädels kennen, mit denen ich mich echt gut unterhielt. Abends kam leider die Polizei, obwohl Felix sich zuvor eine Genehmigung eingeholt hatte. Wir gingen in den Keller, aber bald darauf packte ich meine Sachen und fuhr heim.
Im August lud Marlene uns zu sich zum Grillen ein. Es war so wunderschön. Wir waren ein wenig im See schwimmen, grillten, tranken, lachten, beobachten das Feuerwerk und genossen das Leben. Ich habe so tolle Freunde.
Am nächsten Tag hatte Fabi Geburtstag. Ich ging mit Macy hin, Ina und Vroni kamen nach. Anna war auch da, aber sie wechselte kein Wort mit uns. Ich war das von ihr gewohnt und ich verstand auch, dass wir zu viert vielleicht einen einschüchternden Effekt auf sie hatten. Ina und Vroni sahen sie zum ersten Mal seit Jahren wieder und verstanden es überhaupt nicht. Ina hat sie dann angetrunken einfach angequatscht. Ich stand einige Zeit daneben, fühlte mich aber fehl am Platz und ging deshalb. Mir ging “I had a marvellous time ruining everything” im Kopf herum, obwohl ich in diesem Fall nicht die entscheidende Rolle des Auseinanderfallens gespielt hatte.
Ich ging zur Toilette, tippte ein paar Gedichtzeilen in die Notizen meines Handys. Ina kam kurz darauf zu mir und erzählte mir von dem Gespräch und wie falsch Anna gewirkt hatte.
Kurz darauf fuhr ich nach Hause.
Oh, was ich vergessen habe. Chris war natürlich auch auf der Feier und wieder einmal sehr touchy unterwegs - mit allen. Trotzdem fragte mich Nicos Schwester, ob er mein Freund wäre, woraufhin Macy mir einen “Ich-sag-es-dir-ja-die-ganze-Zeit”-Blick zuwarf.
Ende August hatte Vroni Geburtstag. Ich redete nicht besonders viel mit den Freunden aus ihrer Schule - bis auf Aaron, sondern eher mit ihrem Bruder und meinen Freunden, die da waren. Aaron kam immer mal wieder auf meinen Ex zu sprechen. Ich lächelte.
Ich habe diesen Leuten vor langer Zeit verziehen, aber mein Ego fühlt sich scheinbar immer noch in ihrer Anwesenheit attackiert, sonst würde ich mich nicht so kühl und überlegen geben. Passiv aggressive Sprüche rutschen mir über die Lippen. Ich kann nicht genau sagen, ob es daran liegt, dass ich sie mit meinem Ex verbinde, auch wenn sie keinen Kontakt mehr zu ihm haben oder weil mir klar geworden ist, welch unterschiedliche Werte wir haben. Ich weiß von einem Typen, dass er mal ein Mädel sexuell belästigt hat und wenn ich ihn sehe, könnte ich einfach nur kotzen. Er widert mich so dermaßen an.
Glücklicherweise waren meine Freunde auch da und somit hatte ich dennoch viel Spaß. Ich fuhr allerdings schon gegen zwölf, weil mein Lernalltag am nächsten Morgen rief.
Ende August lud ich Fredrik und Ophélie zu mir ein. Wir tranken Bier auf meinem Balkon und unterhielten uns echt gut. Es war ein sehr schöner und lustiger Abend.
Nach einem langen Tag in der Bib, saß ich abends manchmal noch eine Weile auf meinem Balkon und schaute mir ein oder zwei Folgen von Hannah Montana an. Ausgerechnet in dem Moment, wo sie ihre Perücke abnimmt, sprach mich mein Nachbar von gegenüber an. Wir hatten uns ansonsten nur gegrüßt, anfangs war er mir ein wenig unsympathisch, da er unter der Woche laute Feiern auf seinem Balkon veranstaltete und jedes zweite Wort “Diggah” war. Aber so schien er ganz nett zu sein.
In den Pausen meiner Extremlernphasen verlor ich mich ab und an in Fantasien. Die Kreativität schien nur so aus mir herauszusprudeln, ich schrieb ein Gedicht nach dem anderen. Immer aus der Sichtweise einer anderen Person, aber immer auf die selbe Geschichte bezogen. Ich habe ihn schon immer bewundert, seine Geschichte wurde mir in die Wiege gelegt. In einer romantischen Art und Weise sah ich ihn erst, als mein Ex in unseren abschließenden Gespräch fragte, ob ich jemanden wie ihn wollte.
Wenn es rational betrachtet, war er keine einfache Person, weshalb ich das verneinen kann. Aber wenn ich seine Person romantisiere, sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Was wäre, wenn die Geschichte damals anders gelaufen wäre?
In diesem Sinne schrieb ich auch zum ersten Mal ein Gedicht über mich selbst. Aus der Sicht eines anderen. Es hört sich vielleicht ziemlich komisch an, aber es hat einen prägenden Hintergrund. Als ich damals meine Abizeitung las, war ich ziemlich enttäuscht. Ich hinterfragte, wer mich wirklich kannte und musste wohl oder übel einige Personen ausschließen, von denen ich es nicht erwartet hätte. Dann wurde mir bewusst, dass ich über mich schreiben muss, wie ich es mir von anderen gewünscht hätte. Denn nur das ist in meiner Macht.
Das Gedicht war von Taylor Swifts “Call it what you want” inspiriert. Teilweise sehe ich mich, teilweise nur eine Version von mir, die ich in der Vergangenheit hätte sein können, wäre die Geschichte anders verlaufen.
Ich frage mich, ob ich jemals nur mich selbst darin sehen werde. Das entspringt wieder dem Problem, nämlich meinem unterbewusstem Gedanken, dass ich nicht liebenswert wäre.
Als ich gestern nach Hause kam, warteten Marlene, Ina und Vroni mit Chips und Wein vor meiner Haustüre, um meine Klausur zu feiern. Ich war total perplex. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Mein Herz ist nur so dahin geschmolzen. Wir saßen bis halb zwölf zusammen und redeten. Obwohl ich so müde war, war ich dennoch so glücklich. Das bedeutet mir so unendlich viel. Gott, ich habe wirklich die besten Freunde, die man sich vorstellen kann.
Wenn sie mich so sehr lieben, wieso habe ich dann diese unterbewusste Einstellung?
Der Grund dafür muss in meiner Vergangenheit liegen, so tief wie dieses Problem verwurzelt ist. In der Grundschule war ich in einer Dreier-Freundschaft gefangen, in der sich die Dynamik stets änderte. Das war nicht besonders gut für mich, aber dennoch nicht so gravierend, denke ich.
Vielleicht hat es mit meiner ehemaligen besten Freundin zu tun. Sie schoss mich zu einer Zeit ab, in der ich absolut kein Selbstbewusstsein hatte. Sie tat es nicht mit einem klärenden Gespräch, sondern mit sich wiederholenden Taten, nur um sich kurz darauf, wenn keiner ihrer “coolen” Freunde anwesend war, per Whatsapp zu entschuldigen. Ein ewiges Hin und Her. Ich wollte unsere zehnjährige Freundschaft nicht wegwerfen und sie schien unschlüssig zu sein. Schlussendlich ersetzte sie mich, sehr einfach und auf ziemlich unschöne Weise. Ich saß mit den beiden in einer Klasse, musste mir bissige Kommentare anhören. Das war nicht einfach, insbesondere, weil ich meinen Wert nicht kannte. Begann damals meine Sicht, dass Menschen einen immer verlassen? Natürlich tun sie das, zwangsläufig, aber heute gehe ich anders mit derartigen Situationen um. Meine ehemalige beste Freundin hat mich den Großteil meiner Kindheit und Jugend begleitet. Wir haben so viel zusammen erlebt. Im Nachhinein war es evident, dass wir andere Werte und Ziele hatten und dahingehend überhaupt nicht kompatibel waren. Aber zu dieser Zeit war es sehr schmerzhaft für mich. Auf diese Art und Weise ersetzt zu werden ist für das eigenen Selbstwertgefühl nicht gerade förderlich. Ich weiß noch, wie ich zwei Jahre danach zu Anna sagte, dass ich seit dem niemanden mehr richtig an mich heran gelassen hätte. Stimmte das? Ich kann es bis heute nicht sagen. Ich öffne mich schon Personen, aber ich gebe ihnen vielleicht nicht mehr diese Macht über mich.
Ich weiß noch, wie ich auf meiner Couch weinte, als ich fühlte, wie unsere Freundschaft zerbrach. Ich erinnere mich an den Moment des Abschieds, die Rückfahrt von dem Ellie-Goulding-Konzert, dass Marlene und sie mir zum Geburtstag geschenkt hatten. Ich wusste, dass wir danach nie wieder privat treffen würden.
Ist das der Ursprung dieses Gedankens? Ich kann es nicht sagen. Ich versuchte zu reflektieren und alles zu hinterfragen, aber ich bin noch nicht darauf gekommen.
Marlene und ich hatten auch einmal eine schwierige Zeit. Ich war gerade frisch 17 Jahre alt geworden und fühlte mich erneut so ersetzt. Ich weiß noch, wie sehr es brannte und wie sehr ich versuchte, es zu überspielen. Ich verstand sie bis zu einem gewissen Grad und natürlich wollte, dass sie glücklich war. Aber sie schien ohne mich so glücklich zu sein. Ich erinnere mich an einige klärende Gespräche bei Treffen an unserem Turm, die immer damit endeten, dass wir beide weinten. Ich hatte keine andere Wahl außer die Situation so zu akzeptieren, wie sie war.
Ich weiß noch wie ich das erste Mal vor meinem Ex weinte und auf diese Situation bezogen sagte “Weil Menschen einen immer verlassen”. Apropos: Ich glaube weniger, dass der Betrug meines Ex’ ein ausschlaggebender Punkt war. Natürlich war es hart, aber ich wusste relativ schnell, dass er einen Fehler damit gemacht hatte. Es war sein Verlust.
Ich hatte früher ein ziemliches Problem mit dem Gefühl, dass ich ersetzbar wäre. Ist das der Grund dafür? Möglich.
Heute gehe ich anders mit solchen Situationen um. Ich lasse Menschen ziehen. Einige sind nur für einen Teil deines Lebens bestimmt, die wenigsten werden dich lange begleiten. Ich bin mittlerweile auch sehr wählerisch, was meine engsten Freunde angeht. Ich sortiere sie aus, wenn sie mir nicht gut tun, mein Leben nicht positiv beeinflussen. Und trotzdem lebe ich unbewusst nach dieser Einstellung. Ich bin überrascht, wenn mich Menschen mögen. Ich bin überrascht, wenn ich sympatisch wirke.
Ich gehe stets sehr hart mit mir selbst ins Gericht. Ich habe extrem hohe Erwartungen an mich selbst und wenn ich die nicht erfülle, sinkt mein Selbstwertgefühl. Ich weiß, dass das keine gesunde Einstellung ist und ich versuche daran zu arbeiten, aber das ist gar nicht so leicht.
Mal sehen, ob ich dem Ursprung des Problems noch näher komme.
Gestern habe ich mich mit Addi und Marlene in einem Café getroffen. Addi fliegt am Samstag in die USA. Für unbestimmte Zeit, vielleicht für immer. Er geht dort auf eine Schauspielschule. Ich freue mich sehr für ihn, er hatte - eben so wie ich - immer ein Problem mit der Einstellung der Leute, mit denen wir zur Schule gingen. Er wollte dem ganzen immer entfliehen. Jetzt hat er die Chance dazu und ich weiß jetzt schon, dass ihm das gut tun wird. Ich bewundere seinen Mut, insbesondere in der angespannten politischen Lage, in der sich die USA gerade befinden. Ich bin gespannt, wie es ihm ergehen wird.
Gestern Abend habe ich mich mit Ophélie und Fredrik getroffen. Ophélie fliegt am Samstag zurück nach Kanada, Fredrik bleibt noch ein Semester hier. Ausgerechnet jetzt, wo ich wieder ein soziales Leben habe, muss sie gehen. Sie plant im Mai wieder zukommen, was mich sehr freuen würde. Sie ist ein unglaublich toller Mensch und ich war direkt mit ihr auf einer Wellenlänge. Wir waren in einer Kneipe, haben das Bayernspiel geschaut, viel geredet und gelacht. Die beiden waren aber ebenso müde, wie ich, weshalb wir gegen elf zur U-Bahn gingen. Der Abschied war gar nicht so traurig. Ich bin immer noch nicht runter gekommen, noch nicht wirklich in der Realität angekommen. Ich habe in den letzten Monaten Scheuklappen aufgesetzt und die lassen sich nicht von einem Tag auf den anderen ablegen. Es sind so viele Dinge passiert und ich hatte noch keine Zeit sie zu verarbeiten.
Heute Morgen bin ich früh aufgewacht und erst einmal joggen gegangen. Ich habe es vermisst. Die frische Luft, die Natur, die Stille, die wenigen Menschen. Ich liebe die Stadt, sie hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen, aber ich bin scheinbar doch ein Landei. Oder eine gute Mischung aus beidem, hin- und hergerissen zwischen zwei Extrema. So wie immer.

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