Sonntag, 10. Oktober 2021
Been there, done that, I got the t-shirt
Rock clubs, die keine Lieder der frühen 2000er Punk Rock Bands spielen sind nicht meine Welt.

An einigen Orte fühlen sich nur Teile von mir zugehörig.

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Montag, 4. Oktober 2021
Someday you won't remember this pain you thought would last forever and ever
10 Jahre. Und ein Tag.

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Sonntag, 3. Oktober 2021
Maybe I'm just wishful drinking
confusion sexuelle

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Mittwoch, 29. September 2021
I wanna get a text but I never wanna text back
Ich wusste, dass ein Gespräch mit Franzi meine Stimmung ändern würde. In den letzten Wochen ging ich mit mir selbst, aber auch mit der ganzen Welt und ihren gegenwärtigen Problemen sehr hart ins Gerichts. Mein Denken basierte auf Angst, auf Emotionen. Ich bin nicht ausgebildet dazu, Diagnosen zu stellen, noch dazu eine Selbstdiagnose. Aber in einigen Artikeln, die ich zu Hypersensibilität gelesen hatte, fand ich mich selbst wieder. Dementsprechend ist es trivial, wenn die Probleme der Welt schwer auf meinen Schultern liegen. Oder es sich zumindest so anfühlt. Vor zwei Wochen sah ich die Dokumentationsserie ?Wendepunkt? auf Netflix, wieder konnte ich mich sehr gut in alle möglichen Menschen in verschiedensten Situationen hineinversetzen. Situationen, in denen ich selbst noch nie war und hoffentlich auch nie sein werde.
Problematisch ist, dass ich dieses Gewicht nicht ausschließlich alleine mit mir herumtrage, sondern einen kleinen Teil davon auch in meinen innersten Kreis mitbringe. Meine Freunde nennen es liebevoll ?austeilen?, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto eher wird mir bewusst, wer ich gerade bin und wer ich sein will. Ich möchte eigentlich niemand sein, der emotionale Diskussionen führt, bei denen Fakten und Rationalität brüderlich am Spielfeldrand stehen. Ich möchte meine Freunde nicht mit den Problemen der Welt belasten, die sie ohnehin schon kennen. Ich möchte eine gute Freundin sein, meine Freunde aufbauen, sie zum Lachen bringen und sie mit einem besseren Gefühl ziehen lassen. Diese Person bin ich auch irgendwo, aber noch nicht hundertprozentig. Ich lasse insbesondere Nachrichten zu sehr an mich heran. Seit Beginn der Pandemie fällt es mir schwer, ein Gleichgewicht zwischen Problembewusstsein (und Wissen) und der nötigen Distanz dazu zu finden. Je intensiver ich mich mit einem Thema beschäftige, desto eher besteht die Gefahr, dass meine Emotionalität überhand nimmt. Und dann bin ich nicht glücklich. Ich schleppe die Emotionen anderer mit in meinen Alltag und verteile sie dort wie Werbegeschenke. So möchte ich nicht sein. Wie kann ich damit umgehen?
Genau diese Frage stellte ich Franzi vor eineinhalb Wochen. Sie ist mir in vieler Hinsicht ähnlich. Auch sie nimmt die Emotionen anderer sofort auf. Irgendwann entschloss sie sich dazu, weniger Nachrichten anzuschauen. Zu ihrem eigenen Schutz. Ist das der richtige Weg? Franzi ist wohl der positivste Mensch, den ich kenne. Aber auch sehr fürsorglich und empathisch. Sie ersetzt Nachrichten mit inspirierenden Videos. Sollte ich das auch machen?
Vielleicht teilweise. Franzi ist in ihrer kompletten Lebenseinstellung ein absolutes Vorbild. Und ist das nicht das, was ich wirklich will? Glücklich sein?
Ich bin dankbar, gesegnet. Aber ich sprudle nicht vor Glück. Ich hinterfrage alles. Sollte ich nicht manchmal einfach nur das Leben genießen und glücklich sein?
Schaut man sich das vergangene Jahr an, hätte ich das eigentlich sein müssen. Ich war es auch. Nicht durchgängig, aber oft. Aber ebenso oft verlor ich mich im Strudel der Nachrichten.
Nach dem Gespräch mit Franzi ging es mir um einiges besser. Ich beschloss, etwas zu ändern. Und diese Veränderung spüre ich schon Schritt für Schritt. Dennoch ist es eine Herausforderung, mich nicht wieder in den Strudel reißen zu lassen. Die Wahlen machten es mir schwer. Ich fertigte Pro- und Contra-Listen zu fast allen Parteien an und entschied danach. Was wollte ich? Dass es mir und meinen Liebsten gut geht. Das tut es. Wie kann ich es verbessern? Was ist mit der gesellschaftlichen Spaltung, den künftigen Problemen, denen das Land gegenüber stehen wird, den Schulden? Was ist mit meiner Zukunft?
Wer auch immer von nun an die Regierung bilden wird...ich kann nicht sagen, dass ich besonders viel Vertrauen habe. Dabei möchte ich die Zukunft gar nicht schwarz malen und den Verantwortlichen auch eine Chance geben, sich zu beweisen. Noch dazu könnte ich es selbst wahrscheinlich kein Stück besser, also wer bin ich, um darüber zu urteilen? Ein auf Angst basiertes Denken ist die wohl schlimmste Lebenseinstellung. Ich habe viel Vertrauen in unsere Demokratie, auch wenn dieses immer mal wieder missbraucht wird. Gleichzeitig finde ich die zunehmende Aufrüstung, die Verschärfung der Konflikte und der Kampf um die Weltherrschaft äußerst besorgniserregend. Bisher hat es in jedem europäischen Jahrhundert mindestens einmal geknallt. Wird es auch in diesem Jahrhundert knallen? Verträge sollten uns eigentlich davor schützen, aber was ist mit Ländern, die - wenn es hart auf hart kommt - auf solche Verträge scheißen, ebenso wie sie es mit Menschenrechten tun? Nehmen wir den Frieden für selbstverständlich? Braucht die Menschheit ab und an eine Katastrophe, um wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen? Wohl die wenigsten Länder haben ihre Geschichte so intensiv aufgearbeitet wie Deutschland es mit seiner tat. Aber haben auch wir nachhaltig daraus gelernt?
Zurück aus dem Strudel. Franzi hatte eine Neuigkeit. Ich war absolut überrascht, fasziniert und freute mich total für sie. Sie ist der Inbegriff des Feminismus. Wow. Dieser Mut, dieses Urvertrauen. Davon kann ich mir noch einige Scheiben abschneiden. Jeder, der sie kennt, kann sich so glücklich schätzen. Sie ist eine pure Bereicherung für jedes Leben. Meine Inspiration.

Ansonsten passiert viel und gleichzeitig auch gar nichts. Ich versuche in das neue Semester mit mehr Motivation zu starten. Vor einigen Monaten habe ich es definitiv übertrieben, mir viel zu wenig Pausen gegönnt. Ein ausgewogenes Verhältnis ist der Schlüssel. Zu allem.
Kurz nach meinem Urlaub luden Lene und Markus zu einem Cocktailabend ein. Das war wirklich sehr schön. Und Lene macht richtig gute Cocktails. Eine Woche später überraschten wir Vroni nachträglich zu ihrem Geburtstag, verbanden ihr die Augen und fuhren mit ihr Boot. Sie hat sich so sehr gefreut, dass sie sogar weinen musste. Anschließend machten wir ein Picknick und sahen zu wie die Sonne hinter dem See versank. Spontan beschlossen Ina, Vroni und ich noch in eine Bar zu gehen. Die Bar war ganz okay, aber der Abend war echt cool. Ich merkte erst am nächsten Tag, als ich die Fotos sah, wie viel ich wirklich getrunken hatte. Glücklicherweise zu wenig, um was ziemlich Dummes zu machen, aber genügend um die Leine meiner Hormone zu lockern.

Ich traf mich auch mit Toni nach Ewigkeiten wieder. Sie hat seit einigen Monaten einen Freund und obwohl (oder vielleicht auch gerade weil) alles sehr schnell ging, ist sie sehr glücklich. Ich hab ihn noch nicht kennengelernt, aber das kommt bestimmt noch.

Julia ist inzwischen mit Ronny nach Frankfurt gezogen. Ich freue mich sehr für sie und bin mir sicher, dass ihr das gut tun wird, zumal sie schon vor einigen Jahren überlegt hatte, dorthin zu ziehen, dann aber überraschender Weise Ronny kennengelernt hatte.
Die beiden sah ich zum letzten Mal an Nadjas Geburtstag, der ziemlich ? war. Mir fehlt das passende Wort. Ich musste in einigen Situationen innerlich schmunzeln, weil Nadja einfach Nadja war. Ihr Nicht-Freund Marco (mit dem sie aber gerne zusammen wäre) war ein Miesepeter schlechthin und verbreitete keine gute Stimmung. Trotzdem waren ihre anderen Freunde sehr nett und wir verbrachten einen schönen Abend. Bei Trinkspielen bestimmte Nadja sowohl Marcos als auch Julias Aufgaben ganz genau und achtete darauf, dass Julia mit keinen Jungs im Beerpongteam war. Klassisch. Ich musste früher gehen, weil mein Flug zwei Tage später ging und ich noch einiges zu erledigen hatte. Nadja hatte auch Simon eingeladen, der noch nicht da war. Allerdings wollte sie unbedingt, dass er und ich aufeinander treffen. Nadja. Wir haben an einem Abend (sternhagelvoll) im Club ein bisschen rumgemacht, es ist über zwei Jahre her, er ist inzwischen mit seiner Freundin zusammen gezogen. Was erhoffst du dir davon? Ich wusste es. Drama. Sie liebt das Drama.
Allerdings würde kein Drama entstehen. Selbst wenn wir im Schlechten auseinander gegangen wären, würde ich heute bestimmt anders darüber denken und ihm alles Gute wünschen. Was ich ohnehin tue. Außerdem würde ich mein Gesicht wahren. Immer.
Während sie ihm fanatisch schrieb, er solle sich beeilen, versuchte sie gleichzeitig, meinen Abgang so gut es ging zu verzögern. Ich schmunzelte innerlich. Ich mag Nadja, aber irgendwie tut sie mir auch Leid. Ich weiß, dass einiges in ihrem Leben nicht glatt läuft (auch wenn sie sich etwas anderes einredet). Sie braucht das Drama, die Aufmerksamkeit, die Typen um jeden Preis. Nichts scheint sie so richtig zu erfüllen.
Irgendwann verabschiedete ich mich von allen und ging schon einmal in den Flur. Ich sah es überhaupt nicht ein, meine Bahn zu verpassen, nur um Simon kurz zu sehen. Nadja schickte ihm eine Nachricht nach der anderen, lief zur Haustüre runter, um auf ihn zu warten. Ich zog meine Schuhe und meine Jacke an und war im Begriff aus der Tür zu gehen, als er kam. Nadja beobachtete uns grinsend, als wir uns umarmten und kurz sprachen. Nach nicht einmal 15 Sekunden war ich aus der Haustüre. Oh Nadja. Ich wünsche ihr nichts als Seelenfrieden.

Macy ist seit Anfang August in Südkorea und macht dort ihren Master. Ich freue mich so sehr für sie. Ich bin mir sicher, dass sie dort zu sich selbst findet und selbstbewusster wird. Diese Stadt ist wie ein Dorf und Macy ist ein Stadtmensch, durch und durch.

Felix kam am Sonntag überraschenderweise bei mir vorbei. Er gab mir einen DIN A4 Umschlag mit den Worten, das sei mein Geburtstagsgeschenk. Er wird in den nächsten Wochen nicht im Land sein, weil die Uni wieder anfängt, weshalb er mir es jetzt schon gab. Ich war total überrascht. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob ich meinen Geburtstag feiere und selbst wenn, brauche ich keine Geschenke. Aber ich habe mich sehr gefreut. Es ist wirklich nett, dass er an mich denkt und dann sogar extra vorbeikommt. Dazu kommt, dass ich mich in den letzten Wochen eher zurück gezogen habe. "Der mag dich wirklich gern". Ja. Hoffentlich nicht zu gerne.

Ich habe das Gefühl, dass wieder ein bisschen Schwung in mein Leben kommt. Der Alltag wird immer normaler und irgendwie ist das schön.

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Montag, 27. September 2021
Totale Finsternis, ein Meer von Gefühlen und kein Land
Obwohl mich ein gewisser Selbsthass in den letzten Wochen begleitete, fand ich mich gerade in meinen Notizen wieder und erkannte - ohne jegliche Form des Narzissmuses - wer das schönste Gedicht über mich geschrieben hat. Ich.

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Sonntag, 19. September 2021
Shoutout to the good time crew
Flieger in Richtung Süden.
Der Fall Collini.
Weißer Mercedes.
Roter Vollmond.
Schlafen auf der Dachterrasse.
Ankern in einer türkisen Bucht.
Delfine in der Morgensonne.
Durch Fischschwärme durchtauchen.
Abendessen auf der Flybridge.
Verwischte Grenzen.
Geld macht nicht glücklich.
Dem Geist alle Tore öffnen.
Alter kann im Alter nur eine Zahl sein.
Nächtliche Fahrt durch die Stadt in einem Méhari.
Wind im Haar.
Riesenrad.
Lady in red.
Fehl am Platz in Luxusläden.
Harry Potter und die Kammer des Schreckens.
Gassen des Westens.
Menschen sind grau.
Sonnenuntergänge.
Ein Urlaub, zwei Länder.
Ein Dutzend Sommersprossen auf der Nase.
Neuer Hafen.
Umzug ins Boot.
Vom Motorboot an den Strand schwimmen.
Beifahrersitz mit Massagefunktion.
Sammy Jo's Double.
Eine brennende Yacht.
Die Insel im Norden.
Sie hängt sehr an mir.
Ein Leben ohne Kinder kann sehr einsam werden.
Hafenkatzen.
Schneeweißer Sand.
Zuhause ist dort, wo das Herz ist.

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Mittwoch, 4. August 2021
Männer ohne Seele sind verliebt, Madonna
Vor eineinhalb Wochen bin ich mit Felix, Lene, Ina und Vroni ins Ausland gefahren. Felix studiert in der Stadt im Osten und wollte mit uns dort ein Wochenende verbringen. Ich war schon zwei Mal in dieser Stadt, beide Male mit Ina. Das letzte Mal ist allerdings schon zehn Jahre her. An einige Sachen kann ich mich noch gut erinnern. An das Gewitter, das über die neoklassizistische Konstruktion auf dem Hügel gegenüber dem Schloss hereinbrach, das die wohl schönste Frau ihrer Zeit damals als Kerker ansah. Mein Schrei als der Blitz krachend in unmittelbarer Nähe einschlug. Madame Tussauds, unser einfaches Hostel, mehrere Abendessen in der namensgleichen Kneipe. Den Freizeitpark, die Fahrt mit dem Riesenrad. Das schickte Hotel, in das Jonas ohne zu Zögern eintrat. Das altmodische Café, in dem wir Unterschlupf vor dem Regen suchten und in dem Jonas sein Eis fallen ließ. Die Innenstadt, den Dom, die Reitschule. Der Park, der Garten voller Rosen. Das Museum, das der Frau gewidmet war, die Ina so sehr liebt, wie ich ihn. Wie seltsam, dass die beiden sehr vertraut miteinander waren. Und wie faszinierend, dass Ina und ich Teile von uns in diesen längst verstorbenen Personen sehen.
Zurück zur Gegenwart. Felix lieh sich das protzige Auto seines Vaters ("weil es mehr PS hat") aus und holte uns alle ab. Ich fand es sehr nett, das er fuhr, aber er kannte mich. Und ich kannte ihn. Er wusste genau, dass ich es absolut hasste, wenn er raste. Und manchmal macht er es absichtlich, um mich zu ärgern. Auf einer deutschen Autobahn zu sterben ist wohl der wahrscheinlichste Tod, den ich mir derzeit vorstellen kann. Ich bin nicht bereit zu sterben. Und ich habe absolut keine Flucht- oder Kontrollmöglichkeit. In dem Moment, in dem das Auto losfährt, übergebe ich die Kontrolle über mein Leben an den Fahrer. Dementsprechend fordere ich auch einen würdevollen und besonnenen Umgang. Ein Tempo über der Richtgeschwindigkeit muss nicht sein, lautstarkes Gasgeben, Drängeln und Provozieren gehen gar nicht. Bei der Hinfahrt verhielt sich Felix überwiegend vernünftig. Trotzdem war ich froh, als wir die Landesgrenze überquerten und er sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten musste.
Gott, ich wünschte, deutsche Autobahnen unterfielen auch endlich einer Geschwindigkeitsbegrenzung. Alles andere ist einfach nicht fortschrittlich.
Nach einigen Stunden kamen wir an. Felix parkte in einer Tiefgarage, wir nahmen unser Gepäck und gingen zu seiner Wohnung. Während es bei uns fast ununterbrochen regnete und die Temperaturen eher herbstlich waren, schien die Hitze nur so in den Straßen dieser Stadt zu stehen. Als wir in der Wohnung, die zentral an einem schönen Platz lag, ankamen, waren wir ziemlich fertig. Felix schaltete die Klimaanlage an und kümmerte sich um ein paar organisatorische Dinge, die während seiner dreimonatigen Abwesenheit angefallen waren, während wir auf die Terrasse gingen, die einen schönen Ausblick über die Dächer der Stadt bot. Felix gab uns alle ein kühles Radler, das wir uns erst einmal an die Stirn (Lene) oder an den Nacken (ich) hielten, weil wir so überhitzt waren. Danach hörten wir auf meinen Wunsch hin erst einmal "Ischgl-Fieber".
Nach dem wir eine kleine Pause gemacht haben, kauften wir ein und schlenderten danach durch die Straßen der Stadt. Es war nach wie vor heiß, aber dennoch genoss ich die alten Gebäude, die schönen Parks und diese unerwartete Normalität, die mich an eine prepandemische Zeit erinnerte. Mein Herz ging auf als ich die Statuen von zwei meiner Lieblingsdichter entdeckte, die sich brüderlich in die Augen sahen. Vorbei an der Reitschule, der Innenstadt, am Markt.
Nach ein paar Stunden fanden wir etwas ermüdet und hungrig den Weg zurück in Felix Wohnung. Wir duschten, bestellten Pizza und spielten Bierpong auf der Terrasse. Felix und ich bildeten ein Team und ich traf überraschender Weise sogar viermal. Normalerweise treffe ich nie. Ich wollte es mit dem Trinken auch langsam angehen lassen, da mein letzter Alkoholkonsum ein paar Wochen zurücklag und ich mir nicht sicher war, wie viel ich vertrug. Am Ende war ich etwas angetrunken, aber es hielt sich in Grenzen. Als es draußen zu dunkel für Bierpong wurde, spielten wir drinnen ein Kartentrinkspiel. Als wir alle schon etwas angetrunken waren, legten wir uns auf die Terrasse, schauten in den Himmel und redeten, philosophierten und sagen. Ina schlief sogar kurzzeitig auf der Terrasse ein, weshalb wir schlussendlich beschlossen, uns bettfertig zu machen. Ina und Vroni schliefen auf der Couch, Lene und ich bildeten die Bodentruppe. In der ersten Nacht schlief ich nicht besonders gut. Entweder war es zu heiß oder dank der Klimaanlage zu kalt. Trotzdem war ich nicht müde, als ich morgens aufstand und duschte. Nachdem wir uns fertig gemacht hatten, kauften wir etwas beim Bäcker und traten dann den Weg in Richtung Schloss an. Obwohl es erst morgens war, knallte die Sonne schon wieder ziemlich runter.
Wir buchten eine Führung mit Audioguide. Mein Herz ging auf. Mein Wissensdurst wurde endlich wieder gestillt. Das erfüllt mich einfach so sehr. Natürlich sorge ich auch daheim dafür, dass ich mich stets weiterbilde, insbesondere bei Themen, die mich sehr interessierten. Aber es befeuert den Geist nochmal anders, wenn man in den großen Sälen steht und sich die geschichtlichen Ereignisse wirklich vorstellen kann. Auch ich teile Inas Faszination der Frau, die laut Audioguide die wohl schönste Frau ihrer Zeit war und sich dessen auch bewusst war. Das brachte mich zum Nachdenken. Ich weiß, dass Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl das A und O sind. Aber wenn ich mir all die wunderbaren Frauen um mich herum anschaue...wie viele sind sich ihrer inneren und äußeren Schönheit wirklich bewusst? Konkret fällt mir niemand ein. Meine Freundinnen sind - so wie ich - oft viel zu selbstkritisch. Ich habe das Gefühl, sie sehen sich nicht so, wie ich sie sehe. Das mag ein Nebeneffekt der Pandemie sein. Trotzdem ist es unendlich schade und auch irgendwo eine Zeitverschwendung. Wir sollten alle so selbstbewusst sein wie mittelalte, übergewichtige englische Fußballfans es sind, die ihre behaarte Wampe schamlos in der Öffentlichkeit präsentieren. Niemand will es sehen, Andrew.
Wir verbringen so viel Zeit damit uns schön zu machen. Wann fangen wir damit an, uns unserer Schönheit - egal in welcher Form - bewusst zu sein?
Ein weiterer Punkt, der mich nachdenklich machte, war die Ehe dieser Frau. Sie schien ihrem Mann (und Cousin) zumindest am Ende ihres Lebens nicht besonders zugetan zu sein. Was ich verstehen konnte, wenn man bedenkt, dass er mehrerer Mätressen und mit ihnen Kinder hatte, die alle auf dem Schlossgelände lebten. Das mag normal für diese Zeit gewesen sein, aber sein Verhalten strotzte vor Ambivalenz. "Sie wissen gar nicht, wie sehr ich diese Frau geliebt habe!", beteuerte er angeblich, als er von ihrem Tod erfuhr. Hast du? Das ist deine Definition von Liebe? Die stimmt mit meiner absolut nicht überein. Wobei es ja unterschiedliche Arten von Liebe gibt. Und unterschiedliche Definitionen. Was er als Liebe bezeichnete, wäre nach meinem Wortschatz eher eine Faszination, die in ihrer unbestrittenen Schönheit, Selbstbestimmtheit und ihrer Unnahbarkeit gründete. Ist das das Geheimnis? Nie alles zu geben, immer ein bisschen unerreichbar zu sein?
Genau nach diesem Prinzip verfahre ich seit Jahren. Nicht, wenn es um Freundschaft geht. Wobei ich auch dort stets meinen Sack mit Geheimnissen rumschleppe, den ich nie öffne. Es wird nie jemanden geben, der alles über mich weiß. Dieses Privileg gebührt nur mir.
In Gedanken versunken schlenderte ich durch die prunkvollen Räume des Schlosses. Trotz ihrer Schönheit konnte ich verstehen, wie man es mit einem Kerker vergleichen konnte. Auch ich würde mich stets nach meiner Heimat sehnen.

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Dienstag, 3. August 2021
It's been a long time since I came around, it's been a long time but I'm back in town
Ich überlege seit einer Woche ihm zu schreiben. Ich habe immer wieder mit dem Gedanken gespielt, aber mein Stolz hielt mich stets davon ab. Max brachte das Gespräch letzten Mittwoch wieder auf ihn. Er hätte ihn mit einem Mädel im Café gesehen. Er hätte es mit der Galanz übertrieben. Ich widersprach. Es gab nicht zu viel Galanz. Ich sagte, es wären dementsprechend schöne Dates gewesen.
Max:"Ja, aber was hat es ihm gebracht? Gar nichts! Du hast ihn gekorbt!"
Ich:"Ich hab ihn nicht gekorbt!"
Max:"Ja gut, dann warst du halt wieder eiskalt zu ihm."
Ich:"Nein. Ich habe ihm nur keine falschen Hoffnungen gemacht. Ich spiele nicht damit."
Max verstand meinen Standpunkt schließlich. Die Pandemie brachte mich zum Nachdenken. Vielleicht hätte ich die Chance nutzen sollen. Wenn ich mich zurückziehe, ist es meist um keine falschen Hoffnungen zu schüren. Selten, um Spielchen zu spielen.
Abracadabra.
Er schrieb mir heute.

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Donnerstag, 29. Juli 2021
Scotty doesn't know that Fiona and me do it in my van every Sunday
Es gibt so viel zu erzählen. Meine zweite Impfung, meine Gedanken, mein Wochenendtrip mit meinen Freunden, was alles in der Welt abgeht und meine diesbezüglichen Ängste, der Mädelsabend bei Julia, wie ich in Fantasien und der Vergangenheit lebe, wie es mit meinem zweiten Job läuft, was mich verändert hat.
Doch bevor ich so tief in meine Gedanken eintauche, möchte ich mit etwas Oberflächlicherem beginnen. Mit enormen Schlafmangel, welcher aufgrund eines ereignisreichen Wochenendes und kurzen Nächten entstand, saß ich am Dienstag in der Arbeit. Mein Laptop und meine Notizen lagen vor mir, aber anstatt mich mit Leasingverträgen zu beschäftigen, sah ich mir das Musikvideo von "Lieben wir" an, nachdem mir Vroni am Wochenende eröffnete, dass sie dieses Lied, insbesondere die Zeile "Vielleicht hab ich ein' Boy, vielleicht sind es auch zwei oder drei Girls, alles könnte sein" an mich erinnere.
Jemand kam die Treppe herauf. Ich hatte nicht den Türöffner gedrückt, dementsprechend musste es ein Mitarbeiter sein. Ich machte das Musikvideo aus und gab vor, mich auf meinen Laptop zu konzentrieren. Unerwarteterweise blieb die Person stehen und ging in mein Zimmer. Ich sah auf, als eine männliche Stimme "Hey" sagte. Ich brauchte eine Sekunde, um zu verstehen wer vor mir stand. Die wenigen, streng fixierten Haare sind einer Glatze gewichen. Mit allem hab ich gerechnet, aber nicht damit. Obwohl ich ganz genau wusste, dass er irgendwann wieder in meiner Arbeit auftauchen würde. Eric. Puh. Das ist jetzt...drei Jahre her? Oder sind es erst zwei? Durch Corona hab ich manchmal Probleme, Ereignisse zeitlich richtig einzuordnen.
Wir fingen an ein wenig Smalltalk zu machen und ich betete insgeheim, dass es nicht unangenehm wurde. Kurz bevor Corona kam und ich seine Nummer gelöscht habe, fragte er mich, ob wir ein Bier trinken wollen, wenn er in der Stadt ist. Ich war eher kühl, lehnte das Bier ab und schlug alternativ einen Kaffee vor, dem er zustimmte. Ein Bier klingt zwar cool und freundschaftlich, aber ich weiß wie er drauf ist. Ich weiß, wie er denkt, welche Grenzen er überschreitet und ich wollte unter keinen Umständen, dass sich so etwas wiederholt. Ich fühlte mich nicht wohl und ich war so froh, als er die Stadt verlassen hat. Er wollte immer so viel über mich wissen, was ich nicht preis geben wollte. Er akzeptierte meine Grenzen nicht und beschaffte sich die Informationen anderweitig. In meinen paranoiden Phasen nach einer neuen Dokumentation über einen Kriminalfall, der Stalking beinhaltete, fragte ich mich stets, ob er auch so zu etwas fähig wäre. Ich will ihm überhaupt nichts unterstellen. In dubio pro reo. Aber ich bin ein sehr vorsichtiger Mensch und hinterfrage vieles. Ich versuche jede rote Flagge zu sehen.
Ich bereue nichts. Ich habe daraus gelernt und viel über mich gelernt. Klare Grenzen zu setzen ist das A und O.
Er fragte, was ich so machte und ich hielt es oberflächlich und behauptete, dass nicht viel los wäre. Es ging ihn nichts an. Ich stelle die Gegenfrage und er erzählte, dass er hier bald mündliche Prüfungen hätte und deshalb hier lernen würde. Im Nebensatz ließ er einfließen, dass er eine Freundin in Hamburg hat. Gott. sei. Dank. Ich entspannte mich. Somit bestand keine Gefahr.
So unangenehm es zum Ende hin auch war, er hat auch nette Seiten. Wir haben uns gut verstanden, er war auch immer sehr hilfsbereit. Deshalb werde ich ihn in den kommenden Wochen, in denen er hier lernt auch nicht ignorieren. Ich hoffe einfach, dass wir entspannt miteinander umgehen können und es nicht komisch wird.
Mittlerweile war es Mittag und ich habe noch nichts für die Uni geschafft. Bevor ich also weiter von den ganzen Ereignissen erzählte, musste ich lernen.

Ich bin nach der Arbeit noch zum lernen geblieben. Angesichts meines Schlafmangel hatte ich eine ziemliches Tief am Nachmittag. Irgendwann tauchte Eric, der im Nebenraum lernte, wieder bei mir auf. Irgendwie kann ich nur lachen. Wir redeten über meine ehemalige Wohnung in der Stadt und zählte meine damaligen Nachbarn auf. An meine asiatische Nachbarin konnte ich mich gar nicht mehr erinnern, weshalb er mit zweideutigem bedeutungsschwangerem Blick sagte:"Die von nebenan, wo du immer Angst hattest, dass sie uns hört..."
Warum.
Diesen Satz hätte er ruhig weglassen können. Seine Freundin fände das wahrscheinlich nicht so cool, wenn er so flirty Leichen aus dem Keller holt.
Ich überspielte es ganz gut. Glücklicherweise fing er dann an von seiner Freundin zu erzählen. Nur um nach einer kurzen Ausführung zu sagen:"Die würde dir auch gefallen. Nice boobies und einen nicen Arsch."
Brudi. Lass die Dreierfantasie mal ganz schnell sein.
Ich überspielte es lachend und sagte, dass ich mir so eine Freundin auch ausgesucht hätte. Was soll man auch sonst groß darauf antworten.
Ich ließ in in dem Glauben, der eine Teil meiner Persönlichkeit würde meinen ganzen Charakter widerspiegeln. Seine Einschätzung von mir war bereits derart festgefahren. Außerdem ging ihn mein Leben nichts an. Und ein kleiner Teil von mir fand es lustig, ihn ein wenig an der Nase herum zu führen, wohlwissend, dass ich sehr viel mehr war.
Er blieb bei dem Thema Freundin und sah mir nach jeder zweideutigen Aussage tief in die Augen. Brudi. Ich werde keinen Dreier mit euch haben und es könnte mich auch nicht weniger jucken. Zehn Jahre Abstand wären nicht genug.
Ich amüsierte mich innerlich. Was für eine Reaktion erhoffte er sich denn? Als ob ich hier auf seine Anspielungen eingehen würde oder eine Eifersuchtsszene schieben würde. Was denkt er, wie wichtig er ist? :D
Max war meine Rettung. Eric redete wieder zweideutiges Zeug, als Max mich anrief und sagte, er habe im Café gegenüber einen Tisch für uns. Ich packte mein Zeug zusammen, verabschiedete mich von Eric und ging ins Café. Max hatte ich auch ewig nicht mehr gesehen. Die Anwesenheit meiner Freunde ist so ausschlaggebend für meine Selbstbewusstsein. Als wir lachten fühlte ich wie die Glückshormone mich durchströmten. Ich war direkt weniger verschlossen. Die Komplimente des italienischen Kellner, die mir sonst so unangenehm wären, polierten mein Ego.
Ich bin mehr im Einklang mit mir selbst, wenn ich meine Freunde sehe.

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Montag, 5. Juli 2021
Maybe we're both better alone, maybe we're not supposed to know each other yet
Ich hatte gestern einen Videoanruf mit Lene, Hendrik und Addi.
Während der Isolation habe ich mich überwiegend um meine engsten Freunde gekümmert. Andere blieben außen vor. Gespräche mit Addi und Hendrik über die Schulzeit und ihre Einschätzungen zu meiner Persönlichkeit riefen Erinnerungen hervor. Meine Freunde erinnerten mich daran, wer ich eigentlich war. Ich könnte es damit abtun, dass inzwischen ein paar Jahre vergangen seien und ich mich verändert hätte. Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer wurde die Sache. Die Pandemie hat mich verändert, mich kleiner gemacht. Unter normalen Umständen bin ich nicht so ernst. Eigentlich bin ich ein wenig verrückt, manchmal ein bisschen wild und habe einen ausgeprägten Humor. Diese Seiten von mir sind in den letzten eineinhalb Jahren zu kurz gekommen. Aber wie sollte man auch inmitten einer die Grundfeste erschütternden Pandemie viel zum Lachen finden? Ich entschied mich dazu, mir Sorgen zu machen.
Wieder einmal wird mir bewusst, wie sehr ich meine Freunde brauche. Nicht nur meine engsten, auch die anderen. Sie erinnern mich an meine Identität, wenn ich sie vergesse.

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