Dienstag, 8. Oktober 2019
Everything will be alright if you keep me next to you
Dieser Blog ist seit kurzem acht Jahre alt geworden.
Unglaublich.
Wie schnell vergeht die Zeit?
Ich weiß noch, wie ich als Teenager irrational und von meinen Gefühlen geleitet meine Gedanken hier gepostet habe, nur um irgendwie damit umgehen zu können.
Es hat sich wenig und dennoch so viel verändert.
Ich kann immer noch am besten mit meinen Gedanken und Gefühlen umgehen, wenn ich sie niederschreibe. Dennoch würde ich sagen, dass ich im Laufe der Jahre ein wenig rationaler geworden bin. Manchmal geht immer noch mein Temperament mit mir durch, aber ich arbeite gerade sehr daran. Mir wurde nämlich bewusst, dass man sich nicht von seinen Gefühlen, sondern von der Logik leiten lassen sollte. Natürlich würde ich im Endeffekt immer auf mein Bauchgefühl hören. Aber wenn es darum geht wütend auf jemanden loszugehen oder sich bedacht zurückzuhalten, würde ich letzteres wählen. In der Ruhe liegt die Kraft. Reden ist Silber, schweigen ist Gold. Logik kann man nachvollziehen, Gefühle nur bedingt.
Mit meinem Blog bin auch ich um ein Jahr älter geworden.
Der Tag vor meinem Geburtstag stellte sich als wilder Ritt durch zahlreiche Emotionen heraus, da meine Erdbeerwoche an die Tür klopfte. Natürlich versuchte ich die negativen Gedanken durch simple Logik auszuhebeln, aber an manchen Tagen kommt der Kopf nur in Maßen gegen die Hormone an.
Ich saß in der Bahn, auf dem Weg in meine Wohnung und versuchte nicht enttäuscht darüber zu sein, dass mir sehr viele Leute abgesagt hatten. Ich hatte ein kleines Déjá-vu, das mich zurück in den Januar versetzte: Ich stand in der U-Bahn, blickte auf ein blondes, lächelndes Mädchen hinab und dachte:“Ich hoffe, du musst dich nie so fühlen.“
Natürlich hatten mir meine Freunde nicht aus Bosheit abgesagt. Die umgehende Grippe-/Erkältungswelle hatte auch sie mit sich gerissen und an ihre Betten gefesselt. Ich war selbst ein wenig angeschlagen.
Ich wusste, dass alles aus einem bestimmten Grund passierte. Und dass Gott es gut mit mir meint. Ich hörte „22“ und dachte mir:“Everything will be alright if you keep me next to you“. Ich sprach diese Zeile aber zu mir selbst. Alles wird gut sein, solange ich da bin. Solange ich mich liebe. Ich schrieb einen Liebesbrief an mich selbst, indem es unter anderem hieß:“So hart es klingt: Ich habe dich gehasst. Ich habe dich geliebt. Ich habe dich verloren. Ich habe dich gefunden. Aber: Ich war immer da. Ich werde immer da sein. […] Ich habe mit 16 Jahren auf dem Schulklo im Spiegelbild in deine Augen geblickt und Dämonen gesehen (You‘ve got your demons and darling they all look like me). Ich habe mit 18 Jahren in den Spiegel geschaut und pure Selbstliebe gesehen.
Es wird immer ein Auf und Ab sein. […] Du musst dir deine Fehler vergeben. Sie dürfen dich nicht jahrelang verfolgen.
Auf ein weiteres Lebensjahr. Ein weiteres Jahr gefüllt mit Segnungen. Ein weiteres Jahr gefüllt mit Liebe, Frieden und Lachen. Ein weiteres Jahr voller Gesundheit, Glück und Harmonie,
Ich verspreche dir. Dich dieses Jahr zu lieben. Und jedes darauffolgende Jahr. Vergebend, bedingungslos und ohne Grenzen und Zurückhaltung. [...]“
Ich bin mit meiner Selbstliebe schon ein ganzes Stück weiter gekommen. Mir ist es immer mehr egal, was andere Menschen denken und das ist so befreiend. Es ist immer noch Luft nach oben. Aber ich arbeite daran, Stück für Stück.
Vor ein paar Tagen wurde mir bewusst, was für ein Wunder es ist, dass ich lebe. Meine Existenz hätte im Laufe der Jahrhunderte zu Nichte gemacht werden können. Etwa im zweiten Weltkrieg, als zwei Männer ihm Einlass in ihr Zelt gewährten. Ansonsten wäre er in der Kälte der erbarmungslosen Natur erfroren. Oder ein paar Jahrzehnte später, als ihr ein großer, schwarz gekleideter Mann in den tiefen Wald folgte und bei ihrem Rückweg auf sie wartete. Wie oft bin ich schon dem Tod entkommen? Ich bin keine Person, die das Risiko und die Gefahr liebt, im Gegenteil. Aber wie oft bin ich unbewusst dem Tod entkommen? Sei es im Straßenverkehr, auf dem Nachhauseweg oder beim Joggen? Im Wald, im See oder in den Bergen? Ein dummer Zufall, eine unglückliche Aneinanderreihung von Situationen kann deine Existenz mit einem Schlag auslöschen.
Wie kann ich da mein Leben nicht lieben, wenn es so zerbrechlich ist?
Es ist ein Wunder, dass ich in dieser Form lebe.
Das sollte man schätzen. Jeden Tag.
Ich fuhr in meine Wohnung, zog mich um und machte mich fertig. Ich hörte meine Lieder-die-mich-glücklich-machen-Playlist und versuchte nicht in introvertierte Melancholie zu verfallen. Es gelang mir ganz gut, aber nicht zu hundertprozent.
Ich fuhr in die Bar, in der ich reserviert hatte. Ich war natürlich pünktlich, aber die Gäste kommen ja meist ein bisschen später. Es war irgendwann ziemlich schwierig die Plätze zu verteidigen, also zog ich mich mit einer Schildkrötenaura aber mit stolzer Körperhaltung in mich selbst zurück. Ich war ziemlich froh, als die Ersten, Ina und Vroni, ankamen. Ich fühlte mich gleich viel besser und warf meinen Schildkrötenpanzer ab. Nach und nach kamen alle anderen, sogar Max, obwohl auch er krank war. Es war wirklich eine nette Runde und ich habe so viel Liebe für sie alle übrig. Ich bin so dankbar für meine Freunde. Sie sind so unterschiedlich, aber ich liebe sie alle. Max, der Situationen immer beobachtet und kaputt analysiert, meinte, dass Toni Addi ziemlich abgecheckt hätte, als er reingekommen ist. Max steckte mir das natürlich sofort und ich spielte ein wenig Armor und fragte direkt mal bei Addi nach, was er denn von ihr hielt. Addi war auch angeschlagen und nicht wirklich in der Stimmung. Es war nicht gegen Toni persönlich. Ich habe mir schon so was in die Richtung gedacht. Toni ist eher der feste Beziehung Typ und Addi momentan eher nicht. Ich hätte nie damit gerechnet, dass Toni Addi gut finden könnte, aber objektiv betrachtet ist Addi wohl schon ein Schnittchen. :P
Wir tranken, redeten viel und fingen irgendwann an auch zu tanzen. Plötzlich sprach mich eine Blondine an und ich dachte mir schon ulala, aber dann checkte ich, dass sie nur den Wing(wo)man für ihren Freund spielte. Ich fragte sogar direkt nach, aber sie meinte, sie wäre in den Mitbewohner ihres Freundes – mit dem sie heute hier war – verliebt. Sie gehe mit seinen Freunden weg, damit er verstehe, wie toll sie ist. Das Ganze ginge schon drei Monate. Drei Monate. Ist der Typ es wirklich wert? Ich fragte nicht weiter nach, weil ich mit anderen Dingen beschäftigt war. Langsam aber sicher verabschiedeten sich die Leute und ich rechnete damit, dass auch ich bald gehen würde. Dann passierte etwas ungewöhnliches: Macy wollte feiern gehen. Macy ist zur Zeit nicht wirklich motiviert, was feiern gehen angeht, aber sie sprühte vor Begeisterung. Übrigens sah sie wirklich toll aus an diesem Abend. Fabi wollte auch mitkommen, die anderen leider nicht. Wir drei blieben noch ein wenig in der Bar, tanzten, redeten mit der Blondine und ihren Freunden. Einer lud mich zum Frühstück ein – keine Ahnung warum, aber ich sagte zu. Ich weiß seinen Namen gar nicht mehr. :D
Ich hatte von meinen Freunden eine Polaroidkamera geschenkt bekommen (ja, sie sind absolut verrückt und ja, ich liebe sie wie verrückt), die ich nicht unbedingt mit in den Club schleppen wollte. Da Fabi in der Nähe des Clubs wohnte, den wir aus probieren wollten, schlug er vor, dass wir zuvor zu ihm fahren könnten und dort meine Kamera lassen könnten. Wir zogen los. In Fabis Wohnung angekommen wollte Macy noch einen Tee trinken, weshalb wir ein Tee-Rede-Kränzchen veranstalteten, das sehr lustig war. Fabi erzählte uns ganz viel Tratsch und Klatsch aus seinem Freundeskreis. Gegen halb drei gingen wir los zum Club. Wir waren alle noch nie dort gewesen. Max meinte einmal, dass der Club ein wenig alternativ wäre. Da ich Geburtstag hatte, kam ich umsonst rein. Ich merkte bereits, dass meine hohen Schuhe hier fehl am Platz waren, als wir den Schotterweg zum Haupteingang gingen. Der Außenbereich war auf merkwürdige Art und Weise cool. Überall Graffiti, dunkle Nischen, Container. Kühl, aber kreativ. Als wir das Hauptgebäude betraten kam ich mir vor wie ein normaler Mensch unter Aliens. Der Club war wie ein anderer Planet eingerichtet, die Menschen waren wie Zombies und ich hatte den Verdacht, dass hier so einiges an Drogen konsumiert wurde. Vielleicht war ich aber mittlerweile auch einfach zu nüchtern. Die Musik war überhaupt nicht meins, aber die Umgebung faszinierte mich. Wir zogen noch in den anderen Bereich des Clubs, umrandeten das Ganze von außen und beschlossen dann wieder zugehen. Keiner von uns hörte diese Musik und wir waren alle zu nüchtern.
Also gingen wir wieder zurück zu Fabi und tranken eine weitere Runde Tee. Er ist so ein Schatz. Er machte und sogar noch Nudeln – mit sehr viel Knoblauch – und überließ Macy und mir sein Bett. Wir redeten viel und aßen, danach legten wir uns hin. Macy – die übrigens eine der lustigsten Personen ist, die ich kenne – erzählte Geschichten aus ihrer Kindheit und wir schmissen uns weg vor Lachen.
Macy wurde früher in der Schule „Mülleimer“ genannt, weil sie immer die Essensreste von allen aß.
Ihre Lippen blieben mal an einem Eis am Stiel kleben, sie riss sie ab und aß das Eis mit blutigem Mund weiter.
Sie wollte ihren Schwarm in der dritten Klasse beeindrucken, indem sie ihn im Englischunterricht in der Bibliothek anrülpste.
Sie ist einfach so ein witziger Mensch. Dann schliefen wir eine Runde. Als der Wecker klingelte, machen Macy und ich uns auf den Weg zur U-Bahn. In der U-Bahn setzte sich der Mann gegenüber von uns direkt weg und ich konnte mir ungefähr denken, wie sehr wir nach Knoblauch rochen. :D
Dann fuhren wir heim. Es war wirklich ein schöner Abend. Auch wenn er so überhaupt nicht geplant war, aber manchmal muss sogar ich ein wenig spontan sein.
Auf der nach Heimfahrt fühlte ich mich seltsam frei. Ich hörte meine alten Taylor Swift Alben und sah nur mich. Es ging nur um mich.
Ich weiß, dass man jeden Tag etwas machen sollte, das man liebt. Ich war stets der Überzeugung, dass ich das tun würde. Lesen, Musik hören, die Natur genießen. Aber vielleicht ist das nicht genug. Ich höre auf damit, auf Menschen zu warten und mache es alleine. Schlösser besichtigen, in Museen gehen, lehrreiche Literatur kaufen, die Stadt erkunden, spazieren gehen. Dinge, die mich erfüllen.
Ich sehe nur mich. Und ich bin frei.

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