Mittwoch, 10. Juni 2020
Beneath the chandelier of stars and atmosphere
Irgendwie verrückt, wie schnell man sich an Selbstisolation und Abstand halten gewöhnt.
Jedes Mal, wenn ich Menschen in Filmen sehe, die dicht an dicht stehen, sei es in "A star is born" oder "The people vs O.J. Simpson", widerstrebt es mir.
Abstand halten finde ich eigentlich ziemlich angenehm. Ich bin eher klein, weshalb mein persönlicher Sicherheitsbereich gerne überschritten wird, egal wie ablehnend meine Körperhaltung ist oder wie laut die Musik aus meinen Kopfhörern strömt. Vor allem große Männer haben damit weniger ein Problem, wie ich zum Beispiel von Felix erfahren habe.
Insbesondere in den öffentlichen Verkehrsmitteln fühle ich mich dadurch wohler. Keine Menschenmassen mehr in den U-Bahnen, niemand drückt sich ekelhaft gegen mich oder stellt sich genau neben mich, obwohl noch viele andere Plätze frei wären.
Die Corona-Krise hat bewirkt, dass mein persönlicher Sicherheitsbereich mehr gewahrt wird.
Dennoch komme ich an meine Grenzen, vor allem, wenn das Wetter schön ist. Dann habe ich das Bedürfnis mich einfach nur mit meinen Freunden in den Park zu setzen, ein bisschen was zu trinken und zu reden.
Ich hätte es nicht gedacht, aber ich würde tatsächlich mal gerne wieder mit jemanden rumknutschen. Ich habe in den letzten Wochen teilweise eine ziemliche Abneigung gegen Männer entwickelt. Nicht gegen Männer generell, aber gegen die, die schlecht erzogen sind. "Männer sind einfach schreckliche Menschen" (Tanya in Mamma Mia - Here we go again) wurde ein bisschen zu meinem Motto.
Ich bin dabei das Ganze wieder zu relativieren und entspannter zu sehen. Trotzdem haben sich meine Erwartungen dadurch in die Höhe geschraubt und ich werde nichts anderes mehr in meinem Leben dulden.
Umso mehr finde richtige Männer anziehend.
Auch ich: Glühe in den öffentlichen Verkehrsmitteln einen Typen an, der einfach nur nach Ärger schreit.
Nicht nur ich spüre die Trockenphase. Letzte Woche habe ich mich zum ersten Mal seit Februar mit Ina wieder getroffen. (das war wahrscheinlich die längste Zeit in der wir uns nicht gesehen haben - wenn man mal ihre Zeit in Nepal weglässt - und das seit 19 Jahren). Sie meinte, sie hätte, als sie zu mir gefahren ist, den Autofahrer hinter sich angeglüht, obwohl sie ihn nicht gesehen hat, aber "er ist einfach so heiß Auto gefahren". Hahaha, ich weiß genau, wie sie sich fühlt. Es hat mir auch richtig gut getan, mich mit ihr zu treffen. Wir haben zwar über (teils 17-minütige Sprachnachrichten) Kontakt gehalten und über spannende Themen wie Männer, die Schwächen des amerikanischen Schulsystems, die Zeugen Jehovas und Kriminalität diskutiert, aber persönlich ist das Ganze nochmal besser. Meine Freunde vermitteln mir ein Gefühl von Ausgeglichenheit, Ruhe und ich fühle mich mehr im Gleichgewicht mit mir selbst.
Das habe ich auch bemerkt, als ich mich am Samstag mit Lene getroffen habe. Wir sind durch den Park gegangen und haben uns an den See gesetzt und geredet. Ich fühlte eine Ausgeglichenheit in der pursten Form. Alles passiert so, wie es passieren soll. Ich kann andere Menschen nicht kontrollieren, ich kann nur meine Reaktion darauf kontrollieren.
Sie erzählte von ihren Zukunftsplänen und ihrer Unsicherheit diesbezüglich und davon, dass sie jemanden gefunden hat, der ihr hilft, mit gewissen Situationen umzugehen. Ich war so stolz auf sie. Sie erklärte mir bereits ein paar Zusammenhänge, die ich auch nicht gesehen hatte. Jemand Neutrales, der dir die nötigen Werkzeuge geben kann, um mit schwierigen Situationen umzugehen, ist oft die beste Lösung.
Sie sagte, sie fände es krass, dass ich immer alles ganz alleine mit mir ausmache.
Ich sagte, dass ich zwar viel mit mir selbst ausmache, aber schon auch die Meinungen meiner Familie und Freunde brauche.
Später dachte ich mehr darüber nach. Sie hatte recht. Ich mache sehr vieles mit mir selbst aus, mehr als mir bewusst war. Was mir besonders hilft, ist, die Dinge nieder zu schreiben, die ich fühle. Ich brauche schon den Input meiner Liebsten, vor allem, wenn ich zu stark zur einen oder zur anderen Seite schwenke und mir die goldene Mitte fehlt.
Auch Shallon Lester hilft mir unglaublich. Sie gibt mir die nötigen Werkzeuge, um mit gewissen Situationen klar zu kommen, so dass ich ein besserer Mensch werde.
Ja, ich mache wirklich viel mit mir selbst aus. Ist das noch in einem gesunden Rahmen? Ich fühle mich wohl dabei.
Gerade in Zeiten wie diesen ist es schwieriger, über tiefsinnige Dinge zu sprechen. Die kommen meist nur in persönlichen Gesprächen, die nachts oder unter dem Einfluss von Alkohol, zum Ausdruck kommen.
Nicht das ich gerade etwas hätte, was mir auf der Seele liegt. Ich habe Gefühle akzeptiert, hinterfragt und an Lösungen gearbeitet.
Früher habe ich immer alles verdrängt, was sehr belastend, verwirrend und überhaupt nicht förderlich war.
Ich stelle mich meinen Gefühlen.
Was nicht heißt, dass ich nicht noch einige Baustellen habe, denn das tue ich. Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein sehen ganz oben.

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